Baubo – Griechisch-kleinasiatische Göttin, Personifikation der weiblichen Fruchtbarkeit, Göttin des Lachens

Baubos Name steht für Bauch, Höhle, Uterus, Schoß. Baubos Bauch ist gleichzeitig ihr Kopf, ihre Augen sind ihre Brüste, ihre Vulva der Mund, mit dem sie zweideutige Witze erzählt und lacht. In den meisten Darstellungen besitzt sie keine Arme und nur andeutungsweise Beine.

Untrügliches Bauchgefühl

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Baubos Name steht für Bauch, Höhle, Uterus, Schoß. Baubos Bauch ist gleichzeitig ihr Kopf, ihre Augen sind ihre Brüste, ihre Vulva der Mund, mit dem sie zweideutige Witze erzählt und lacht. In den meisten Darstellungen besitzt sie keine Arme und nur andeutungsweise Beine.

Ihr Lachen kommt direkt aus dem Bauch. Es ist ein starkes, vibrierendes Lachen, welches tief aus ihrem Bauch aufsteigt und die Welt zum Erzittern bringt.

Kraft und Lebendigkeit ihrer Vulva

Diese Göttin hat verschiedene Namen in den verschiedensten Regionen. In Griechenland wird sie als Baubo verehrt. In Ägypten nennt man sie Bebt und in Japan kennt man sie als Ama no Uzume. Verwandt ist sie auch mit der keltisch irischen Sheela-na-gig.

Doch ihr Anliegen ist immer das Gleiche. Sie ist sich der Kraft und der Lebendigkeit ihrer Vulva bewusst und ist eine Göttin des Lachens und des untrüglichen Bauchgefühls. Im Mysterienkult von Eleusis (siehe auch Demeter) ist sie als «dea impudica» bekannt, was soviel wie «schamlose Göttin» oder «Göttin der Unzucht» bedeutet.

Baubo war auch ein Beiname der Göttin Hekate. Sie ist eine Tochter der Echo und des Pan. Sie trat auch unter dem Namen Jambe in Erscheinung, war dann die Personifizierung des obszönen Gesanges im jambischen Versmaß. Ihr Name bedeutet auch Kröte. Es gibt im Volksglauben und in der ägyptischen, griechischen, römischen und späteren Geschichte zahlreiche Belege dafür, dass in der Kröte eine Erscheinungsform der Göttin oder ihres Uterus gesehen wurde.

Bis heute halten die Menschen in manchen Gegenden Europas die Kröte für die Vorbotin einer Schwangerschaft. (Siehe z.B. das Märchen «Dornröschen»: Der Königin, die sich sehnlichst ein Kind wünschte, wurde – während sie im Bade saß – von einer Kröte verkündet: Dein Wunsch wird erfüllt werden, ehe ein Jahr vergeht, wirst du eine Tochter zur Welt bringen.“)

In vielen Ländern wird das Quaken der Frösche im Frühling als das Weinen ungeborener Kinder interpretiert. Der Frosch verkörpert demnach die Seele des noch nicht geborenen Kindes.

Der Mythos von Baubo und Demeter

Baubo ist vor allem als die Amme der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter in die Geschichte eingegangen: In der griechischen Mythologie wird erzählt, wie Baubo die Göttin Demeter tröstet, nachdem Hades, der Gott der Unterwelt, deren Tochter Kore (Persephone), entführt und festgehalten hatte.

Demeter verzweifelte an der Sehnsucht nach ihrer geliebten Tochter und verfluchte, als Mutter allen Wachstums, alles, was fruchtbar auf der Erde war. Damit legte sich großes Leid über die Welt. Kein Kind wurde mehr geboren, keine Knospe öffnete sich mehr, der Weizen gedieh nicht mehr. Der Tod erstreckte sich über das ganze Land. Demeter saß an einem Brunnen und schrie den Namen ihrer Tochter Persephone hinein.

Da ritt Baubo auf einem Schwein zu Demeter, um diese zu trösten. Sie tanzte wild, erzählte ihr ein paar obszöne Witze und wackelte nebenbei noch mit ihren Brüsten. Da sie aber keinen Mund hatte, ließ sie ihre Vagina sprechen. Sie hob ihr Kleid und grinste Demeter mit ihrer sprechenden Vulva frech an. Dieser etwas eigenartige Anblick entlockte Demeter ein Lachen und sie vergaß kurz ihren Schmerz und lauschte den obszönen Witzen der Baubo.

Beide lachten, während sie noch am Brunnenrand saßen, so sehr, dass Hades neugierig wurde, an die Oberfläche stieg und nach einigem Hin und Her Persephone aus der Unterwelt entließ. Und so geschah es, dass die Erde, die Felder, die Meere und die Bäuche der Frauen (ob Mensch, ob Tier) wieder fruchtbar wurden.

Dieser Tag, an dem Persephone wieder auftauchte, war im alten Griechenland ein wichtiger Festtag. Am heiligen Tag der Göttin Baubo – am 28. September – wurde die Geschichte nachgespielt und es gab ausgelassene Feierlichkeiten. Vielenorts war der 28. September auch der Auftakt zu einem mehrtägigen Initiations- und Lebensfest.
Man sagt, Menschen, die an diesem Tag das Licht der Welt erblickten, seien die heiligen Kinder der Baubo.

Abwehr gegen die Mächte des Todes

Die Beschreibung der Baubo erinnert an die jungsteinzeitlichen Frauen-Idole ohne Arme und Beine, jedoch mit ausgeprägten Brüsten, Bäuchen oder auch Geschlechtsorganen – uralte wichtige Hinweise auf die Kraft der Frauen. In der Geschichte von Demeter und Baubo bewirkt ja gerade die Tatsache, dass Baubo ihre Vagina zum Sprechen benutzt, etwas besonderes.

Das Zeigen der Vulva ist ein Abwehrgestus gegen die Mächte des Todes und der Unterwelt, wird dabei doch dem Tod das Leben entgegengehalten. Baubo hat nichts Falsches an sich, sie schämt sich keineswegs ihrer Weiblichkeit und zeigt sich so wie sie ist.
Sie lehrt uns vielmehr in den verschiedensten Kulturen und ihren Mythen, mittels Witz, Respektlosigkeit und Unverschämtheit aus Trauer und Depressionen wieder Mut zu neuer Lebenskraft zu schöpfen.

Baubo bei Goethe

Wie im griechischen Mythos erwähnt, reitet Baubo auf einer Sau, diese Tatsache wird sogar in Goethes Faust erwähnt. In Faust I verkörpert Baubo die Hexe schlechthin. Sie reitet auf ihrem Schwein zum Brocken.

Das Schwein ist ein altes Symbol für Wiedergeburt und Gebären, es  verkörpert die Göttin und zwar unter dem Aspekt der fruchtbaren Frau, der Mutter. (Auch die nordgermanische Göttin Freya reitet auf einem Wildschwein namens Hildeswin.)

Aus Goethes Faust I, Walpurgisnacht stammen folgende Zeilen:
Stimme Die alte Baubo kommt allein; Sie reitet auf einem Mutterschwein.
Chor So Ehre denn, wem Ehre gebührt! Frau Baubo vor! Und angeführt!
Ein tüchtig Schwein und Mutter drauf, Da folgt der ganze Hexenhauf.

Sensibilität aus Uterus und Brustwarzen

In ihrem Buch «Die Wolfsfrau» erwähnt Clarissa Pinkola Estés ein spanisches Sprichwort: «El habla por en medio de las piernas» – Sie spricht durch die Organe zwischen ihren Beinen.

Damit ist die intuitive, schlagfertige, offene Ausdrucksweise einer Frau gemeint, die auch eine fröhliche, ganz und gar unverschämte Art von sexuellem Humor beinhalten kann. Vielleicht auch eine «Weisheit aus dem Bauch heraus», die dahinter steht und die Überzeugung, dass Frauen sich mit ihrer Meinung und ihrem Urteil nicht zu verstecken brauchen.

Baubo, die Bauchgöttin repräsentiert eine Sensibilität und eine Ausdrucksweise, die vom Uterus kommt, von den Brustwarzen und allen anderen Geschlechtsorganen der Frau, in denen Gefühle ausgelöst werden können, die Männer sich vielleicht vorstellen mögen, aber nicht von Natur aus empfinden.

Sie benutzt ihre Brustwarzen wie Augen. Für Männer ist das ein unerklärliches Mysterium, aber Frauen wissen, was damit gemeint ist. Die Brustwarzen sind ein psychisches Sinnesorgan. Sie reagieren auf Temperaturschwankungen, auf Angst, Zorn, Geräusche, Blicke und andere Stimulanzien.
Sie «sehen» Dinge, die die Augen womöglich übersehen.

Vom Bauchgefühl und den fundamentalen Wahrheiten

Was die «sprechende Vagina» von Baubo betrifft, so kann man sie als ein Symbol für die fundamentalen Wahrheiten verstehen, die aus dem Bereich des Urschlunds kommen, der primae materia.
Wir wissen nicht, was Baubos Urschlund verkündet hat, nur dass es aus den grundehrlichsten und unverschämtesten Tiefen der Menschlichkeit kam und Demeter, die Rasende, wieder glücklich gemacht hat.

Baubo fordert Frauen dazu auf, auf ihr Bauchgefühl zu vertrauen und verleitet sie zu lautem, unverschämten Lachen, zu pietätlosen Formulierungen, zu Obszönität und einer Albernheit, bei der die Grenzen des guten Geschmacks gesprengt werden.

All das ist unter Frauen Ausdruck der gemeinsamen Macht. All das dient auch zum Schutz gegenüber Angriffen von Männern, denen, wenn eine Frau ihren Urschlund sprechen lässt, ganz schön die Spucke weg bleibt.

Mit all diesen Gaben der Baubo können Frauen aber auch hervorragend ihr zeitweiliges Selbstmitleid, selbstgerechten Zorn und Anflüge von Depressionen das Wasser abgraben. So wird die Libido stimuliert; das Interesse am Leben glüht wieder auf. Tatsächlich ist eine gewisse Respektlosigkeit, wie sie in intimen Frauengesprächen oder einfach beim Kaffeeklatsch zum Ausdruck kommt, oft heilsamer als ein ganzer Schrank voller Arzneien oder zahlreiche Therapiestunden.

Was gibt es Erquickenderes als eine Weiberrunde, in der gealbert, gejuchzt und – was Baubo ganz sicher besonders freut – geschweinigelt wird, dass die Balken krachen. Wenn alle tief aus dem Bauch heraus lachen, bis sie erleichtert und gestärkt nach Hause gehen. Damit sind wir auch schon beim Lieblingsritual der Göttin Baubo.

Wer aus dem Bauch heraus lacht, so wird gesagt, werde in diesem Moment von der Göttin Baubo geküsst. Dieser Kuss befreit den Körper und reinigt die Seele.

auch: Iambe, Jambe, Bebt 

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