Ran ist die große Meeresgöttin der nordeuropäischen Völker, bekannt aus den schriftlichen Quellen der Edda. Sie gebietet über alles Leben im Meer und auch über die großen Stürme, die über die See brausen.
Göttin des Totenreiches der Ertrunkenen
Ran ist die große Meeresgöttin der nordeuropäischen Völker, bekannt aus den schriftlichen Quellen der Edda. Sie gebietet über alles Leben im Meer und auch über die großen Stürme, die über die See brausen.
Das Meer wird auch als „die Straße der Ran“ bezeichnet. Man sagt, dass sie über ein Totenreich am Meeresgrund herrscht . In dieses Reich der Ran gelangen die Ertrunkenen. Sie ist so mächtig und stark, dass sie ein fahrendes Schiff mit einer Hand steuern kann, während sie mit der anderen ein magisches Netz durch die Fluten zieht. Dieses Netz ist so dicht geknüpft ist, dass ihr niemand entgehen kann und alle Ertrunkenen sicher bei ihr in ihrem Reich landen können. (Alle anderen Verstorben kommen in das Reich der Hel.) Manchmal allerdings zieht Ran aber einfach auch ahnungslose Seeleute von Bord ihrer Schiffe und zieht sie auf den Meeresgrund. Die Übersetzung ihres altnordischen Namens heißt daher auch „Räuberin“.
„Fara til Ranar“ heißt „zur See ertrinken“ und „sitja at Ranar“ „ertrunken sein“. Der „Ran in die Hände zu fallen“, umschreibt in den Skaldendichtungen den Tod durch Ertrinken.
Das gastfreundliche Reich am Meeresgrund
Das Reich der Ran wird als Korallenhöhlen geschildert, die durch funkelndes Gold erleuchtet sind, denn Ran soll Gold über alles lieben. Daher haben Seeleute immer Goldmünzen in ihren Taschen, um den „Obulus für Ran“ zu bezahlen, falls sie ertrinken sollten und damit Einlass in ihr Reich zu finden. Denn das galt als sehr sehr erstrebenswert, wenn einem schon das grausame Schicksal eines Todes durch Ertrinken beschieden ist.
Denn der Saal der Ran wird ganz und gar nicht als schreckensvoll, sondern als überaus gastfreundlich beschrieben. In ihrem Unterwasserreich sollen die Ertrunkenen weiter wie auf der Erde leben und mit Met und Essen in Hülle und Fülle verwöhnt werden. Die Meeresgöttin gewährt ihnen auch, dass sie in ihre Heimat zurückkehren dürfen, um an ihrem eigenen Begräbnis beizuwohnen. Daher glaubte man auch, dass man ihre Erscheinung bei der Totenwache für Ertrunkene sehen kann. Bei dieser Gelegenheit dankte man der Göttin für ihre Gunst, die Ertrunkenen so freundlich in ihrem Reich aufzunehmen. Ran ist halb Mensch und halb Fisch und spiegelt die wechselnden Stimmungen des Ozeans wider. Sie wird einerseits als helle, schillernde Göttin mit einen wunderschönen Körper beschrieben, der sich wie das ruhige Meer sanft wiegt. Andererseits ist sie dunkel, wild und außer Kontrolle, aufbrausend und furchterregend.
Die meereswogenden Töchter
Sie ist die Gemahlin und Schwester des düsteren Meeresriesen Aegir. Auch sie selbst wird mitunter als riesenhafte Göttin dargestellt. Sie haben gemeinsam neun Töchter, die neun riesige Wellen sind, die auch als die „Krallen Rans“ bezeichnet werden:
Angeya (Angeyja), Atla, Eistla, Eyrgjafa, Gjalp, Greip, Iarnsaxe, Imd und Ulfrun. Andere Namen dieser Töchter sind: Himinglära (die Himmelsglänzende), Blodughadda (Blutig-Haar), Hefring (die sich Hebende), Kolga (die Kalte), Dufa, Udr, Hrönn, Bylgja, Bara. Diese Töchter sind auch Sinnbild aller Meereswogen, die sich immer wieder erheben und zeigen. Diese Wellenfrauen erscheinen, wie ihre Mutter, auch als Mischwesen mit menschlichem Oberkörper und einem Fischschwanz. Sie sollen für ihre Mutter das Meer zum Tosen bringen, um Schiffe zum Kentern zu bringen. Dann konnte Ran die ertrunkenen Männer wieder in ihrem Netz sammeln. Die Töchter der Ran sollen weiße Kleider und Umhänge tragen, was wahrscheinlich auf die Schaumkronen auf den Wellen hinweist. Oft meint man, Ran auf gefährlichen Klippen zu erkennen, wo sie darauf wartet, dass Schiffe kentern, um neue Bewohner für ihr Reich zu fangen.
Am ehesten macht sich Ran während des dunklen, kalten skandinavischen Winters sichtbar, wenn sie so dicht wie möglich an die warmen Feuer an Land heranrollt.
Die Göttin Ran symbolisiert auch die Tiefen der Seele und das Verborgene. Sie hilft dabei, verborgene Seelenkräfte zu erkennen und zu nutzen. Wer bereit ist, tief hinunter zu tauchen und die am Grunde liegenden Wesensanteile zu entdecken, dem schenkt sie die Gabe der Transformation.
Der Name des Ortes Rantum auf der nordfriesischen Insel Sylt bedeutet „Heim der Ran“.
auch: Rán