Eurynome — die allerälteste der griechischen Göttinnen entsprang nackt dem Ur-Chaos und da sie nichts fand, worauf sie ihre Füße setzen konnte, trennte zu allererst den Himmel von den Wassern.

Die Chaos-Tänzerin

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Eurynome — die allerälteste der griechischen Göttinnen entsprang nackt dem Ur-Chaos und da sie nichts fand, worauf sie ihre Füße setzen konnte, trennte zu allererst den Himmel von den Wassern.

Dann stützte sie ihre Hände in die Hüften, blickte um sich und sinnierte darüber nach, was sie mit diesem Chaos um sie herum anfangen solle. Statt „ordentlich aufzuräumen“, hielt sie es für lustvoller, erst einmal zu tanzen. So begann sie aus diesem Augenblick der Stille und der kurzen inneren Einkehr mit ihrem Tanz. Dieser Tanz war so kraftvoll, dass er das Licht von der Dunkelheit trennte und die Elemente in eine Ordnung brachte.

Die Sache mit dem Nordwind

Dann tanzte sie auf dem Urmeer in Richtung Süden. Da ihr Tanz zunehmend ekstatischer wurde, wirbelte ein kräftiger Wind hinter ihr her. Dieser schien ihr etwas Neues und Eigenes zu sein, mit dem sie das Werk der Schöpfung beginnen konnte. Sie wandte sich um und erfasste diesen Nordwind, rieb ihn zwischen ihren Händen bis er sich zu der Schlange Ophion verdichtete.

Eurynome erfreute sich an Ophion, ihrem Geschöpf, paarte sich mit ihm und nahm dann die Gestalt einer Taube an, um das Weltenei zu legen, aus dem Sonne, Mond und die später belebte Erde schlüpften. (Diese Geschichte erinnert im übrigen sehr an ihre „Göttinnen-Kolleginnen“ Ilmatar und Nyx).

Die nächste Tat der Göttin war die Erschaffung der sieben Planeten. Über jeden setzte sie je eine Titanin und einen Titanen. Theia und Hyperion über die Sonne, Phoibe und Atlas über den Mond, Dione und Krios über den Planeten Mars, Metis und Koios über den Planeten Merkur, Themis und Eurymedon über den Planeten Jupiter, Thethys und Okeanos über den Planeten Venus, Rheia und Kronos über den Planeten Saturn.

Von den sogenannten Schöpfungsgöttern

Ophion prahlte allerdings damit, dass er der höchste Schöpfer sei, der all diese Dinge geschaffen hatte. Daraufhin schlug ihm die Göttin die Zähne aus und verbannte ihn in die dunklen Höhlen der Erde.

Diese Schöpfungsgeschichte hat große Parallelen zum Mythos der christlich-jüdischen und auch biblisch erwähnten Göttin Sophia. Auch sie wird in Gestalt einer Taube (heiliger Geist) dargestellt. Auch ihr wurde von einem Gott ihre Schöpfungskraft strittig gemacht. Ihr Gefährte Jehova hat — so erzählen es christliche GnostikerInnen — die Welt nur deshalb schaffen können, weil die Mutter der Schöpfung Sophia ihn mit ihrer Energie erfüllt und ihm ihre Ideen eingab.

Sophia hat es allerdings offenbar im Gegensatz zu Eurynome verabsäumt, diesem Gott die Zähne einzuschlagen. Daher ist er nach wie vor für die ChristInnen gültig, während Sophia als weibliche Schöpfungskraft weitestgehend in Vergessenheit geraten ist.

Mutter aller sinnlichen Vergnügungen

Vor allem bei den PelasgerInnen, einem prehellenischen Volksstamm in Nordgriechenland, wurde Eurynome als die „Große Göttin aller Dinge“ verehrt. Ihr Name bedeutet die „Universelle“, die „weithin Geltende“ bzw. die „in-die-Weite-Wandernde“.

Nachdem Eurynome ihren Schöpfungsakt beendet hatte, soll sie das Meer regiert haben. In dieser Gestalt war sie Mutter aller sinnlichen Vergnügungen, dies vor allem auch verkörpert durch ihre drei Töchter, den drei Grazien.

Tanzen angesichts chaotischer Zustände

Eurynome steht für alle jene, die an lustvolle Schöpfungskraft aus dem größten Chaos heraus, an das fruchtbare Wechselspiel zwischen Innehalten und ungezügelter Bewegung glauben. Sie hilft den Frauen, die angesichts chaotischer Zustände zu tanzen beginnen und mit wilder Heiterkeit ihrer Energie Ausdruck verleihen.

Frauen, die in wirbelndem, kochenden inneren und äußeren Chaos nicht untergehen sondern über den Wellen tanzen, schweben, surfen wollen, rufen diese Göttin. Auch Frauen, die wie die Göttin nicht wissen, worauf sie ihre Füße setzen sollen, also den Boden unter ihren Füßen verlieren, rufen Eurynome.

Hausputz à la Eurynome

Spezieller Tipp für alle, die sich mit dem „ordentlichen“ Aufräumen nicht so recht anfreunden können: Aufräumen im Eurynome-Stil (wirkt besonders, wenn es in den eigenen Räumen gerade wieder einmal besonders chaotisch ist): Gute Musik auflegen, in das Chaos deiner Wohnung hineintanzen, wie ein Wirbelwind einfach Dinge schnappen und tanzend an ihren Platz bringen, von dort wieder was mitnehmen, ein wenig putzen, wenn man gerade wo vorbeikommt, wo es notwendig ist, dann weiter tanzen.

Wichtig: Immer wieder einmal innehalten, wenn man zufällig an der Kaffeemaschine vorbeikommt, ein kleines Päuschen einlegen. Es ergeben sich dabei Energieschlangen- und linien, die auch die Atmosphäre klären.
Und es ist auch gleich eine kleine Fitness-Übung.

Zu Hilfe kommt Eurynome auch jenen Frauen, denen Männer ihre Ideen, ihre Arbeit, ihre Werke stehlen, streitig machen, abluchsen wollen bzw. auch Frauen, die ihren eigenen — nicht patriarchal geprägten — Begriff von Ordnung leben und genießen wollen.

Herbeigerufen wird Eurynome – wie könnte es anders sein – durch ein kurzes Innehalten, der Besinnung auf die Eigenmacht und die eigenen Energien und und einem darauf folgenden kraftvollen Tanz.

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