Überliefert ist, dass eine hohe keltische Göttin den Namen Noreia getragen hat. Es handelt sich dabei offensichtlich um die „Landesmutter“ Noricums, einem keltischen Königreich unter der Führung des Stammes der NorikerInnen.
Allmutter der Natur
Um 500 v.u.Z. schrieb der griechischer Historiograph Hekataios vom „keltischen Land“ und einer Stadt „Nyrax“– das lässt vermuten, dass sich dieser Name mit Noreia gleichsetzen lässt. Überliefert ist, dass eine hohe keltische Göttin den Namen Noreia getragen hat.
Es handelt sich dabei offensichtlich um die „Landesmutter“ Noricums, einem keltischen Königreich unter der Führung des Stammes der NorikerInnen. Geographisch lag dies auf einem Großteil des Gebietes des heutigen Österreich sowie angrenzender Gebiete Bayerns (östlich des Inn) und Sloweniens. Auf dem Gebiet des einstigen Noricums wurden zahlreiche Noreia-Inschriften gefunden.
Die Verbindung mit der Göttin Isis
Die Göttin Noreia wurde in der Zeit der römischen Besatzung mit der ursprünglich ägyptischen Isis gleichgesetzt und daher oft auch als „Isis-Noreia“ bezeichnet und verehrt. Isis als das universale Sinnbild aller weiblichen Gottheiten wurde einst über Griechenland ins Römische Reich eingeführt.
In den Darstellungen, die sie mit ihrem Sohn Horus, den sie stillt, bzw. der auf ihrem Schoß sitzt, wurde sie auch zu so etwas wie einem Art Prototyp für die späteren Marien-Darstellungen des Christentums. Daher war das zu Noreia vorangestellte Isis offenbar einfach schlicht die Bezeichnung für Göttin oder Muttergöttin.
Der aus Ägypten über Griechenland ins antike Rom importierten Muttergöttin Isis waren die Tage zwischen 29. Oktober und 2. November geweiht. Auch hier ergibt sich eine geradezu ideale Verbindung mit dem Brauchtum in den keltischen Gebieten. Galt das Samhain-Fest am 1. November als großes Ereignis zu Ehren ihrer eigenen Großen Muttergöttin. Also was lag näher, als die Göttinnen Noreia und Isis bei einem gemeinsamen Fest im Jahreskreis verschmelzen zu lassen.
Vor rund 2.500 Jahren war „Noreia“ auch die Bezeichnung für eine befestigte, keltische Siedlung. Sie galt als die Hauptstadt von Noricum. Deren Lage konnte archäologisch noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Einer geographischen Berechnungen zufolge, könnte am Gebiet des heutigen Neumarkt in der Steiermark sein.
Andere Vermutungen deuten auf eine namenlose keltisch-römische Stadt auf dem Magdalensberg in Kärnten. In Kärnten gibt es heute noch kleines, idyllisches Gebirgsdorf, das nach Ausgrabungen im letzten Jahrhundert den berühmten Namen der alten Keltenstadt Noreia trägt. Es liegt in der Gemeinde Mühlen auf 1100 m Seehöhe und hat etwa 50 EinwohnerInnen.
In Stein gemeißelt
Liegen andere Göttinnen, deren Verehrung und deren Kult oft im Bereich der Spekulation, können wir diese nur er-ahnen, weil es in Märchen, Mythen und Legenden, in tradierten Familiengeschichten oder in Fragmenten von kultischen Handlungen oft nur vage Hinweise auf sie gibt, so sind die Anhaltspunkte für eine Göttin mit dem Namen Noreia vielfach in Stein gemeißelt.
Denn auf dem Gebiet des einstigen Noricums wurden zahlreiche Noreia-Inschriften gefunden. Ein Heiligtum der Noreia, das eine keltische Tempelanlage aufweist, finden wir im Glantal bei Hohenstein. Auf dem Gelände wurden mehrere Weihealtäre geborgen, sie befinden sich heute im Landesmuseum für Kärnten in Klagenfurt. Diese Widmung auf einem dieser Altäre deutet darauf hin, dass Noreia auch als „Schutzgöttin und Spenderin des Bergsegens und des norischen Metallreichtums“ verehrt wurde.
In der Mittelkärntner Gemeinde Liebenfels (im Bezirk St. Veit an der Glan) befindet sich ein antikes, im 2. Jahrhundert n.u.Z. erbautes Noreia-Heiligtum auf dem Schlosshügel von Hohenstein.
Aber nicht nur in Kärnten finden wir Hinweise auf Noreia. Bei den Grabungen im Salzburger Dom wurde ein der Isis-Noreia geweihter Altar gefunden. Und auch am Frauenberg bei Leibnitz (Steiermark) befand sich ein Podiumstempel für Noreia. Hier wurde sie als „Göttliche Mutter“ ab 1.500 v.u.Z. verehrt.
Lange Zeit glaubte man auch, dass auf dem Kärntner Ulrichsberg eine besondere Tempelanlage zu Ehren der Noreia errichtet wurde. Allerdings fand man heraus, dass es sich nur um eine spätantike christliche Siedlung mit Zisterne (die vor allem für den Tempel gehalten wurde) handelt. Allerdings findet sich eine mittelalterliche Weihe-Inschrift für Noreia noch heute auf einer Kirchenruine am Ulrichsberg in Kärnten.
Das „heilige Wasser“ der Noreia
Auf einer weiteren stark verwittert Inschrift, kann man noch folgende Worte erkennen:
„Der erhabenen Noreia hat …. das Gelübde nach Verdienst (der Gottheit) eingelöst“.
Diese Inschrift ist vor allem auch bemerkenswert, weil sich unter dem Schriftfeld ein Schaft fortsetzt, und am unteren Rand des Schriftfelds eine runde Öffnung gebohrt ist. Dieses Bohrloch lässt vermuten, dass die Inschrift am Rand eines Brunnens oder Beckens stand, und das Rohr für den Wasserzufluss durch dieses Loch führte.
Auch hier spielte – wie bei vielen anderen Noreia-Heiligtümern – das (heilige) Wasser offenbar eine Rolle. Ihr Name hängt mit einem ur-europäischen Wortstamm für Gewässer zusammen, das auch im Namen des griechischen Wassergotts Nereus vorkommt.
Fundorte von Niederbayern bis Slowenien
Fundorte von steinernen bzw. in Stein gemeißelten „Zeugnissen“ reichen vom Umkreis der Ostalpen von Niederbayern bis Ungarn und von Salzburg bis Slowenien.
Eine Votivschrift an „Noreiae sacrum“ findet sich im niederbayerischen Weihmörting bei Neuhaus am Inn (Landkreis Passau) – interessant, dass diese ohne Isis-Anfügung auskommt. Gehäuft wurden allerdings Funde in Kärnten und der Südsteiermark gemacht.
Vielfach findet man Weiheinschriften für Noreia auch gemeinsam mit anderen regionalen bzw. römischen Gottheiten. So tritt sie im slowenischen Celje gemeinsam mit der antiken Stadtgöttin Keleia auf.
Auch Verbindungen der Noreia mit den Göttern Jovenat bzw. Belenus bzw. Jupiter, Mars und Herkules oder keltischer Heroen wie Dagda und Ogmios werden durch manche Inschriften deutlich.
Die umfangreiche Lebensgöttin
Eine Statue, von der man vermutet, dass sie die Göttin Noreia darstellen könnte, wird im Landesmuseum für Kärnten in Klagenfurt gezeigt. Diese Figur wurde im sogenannten Bäderbezirk von Virunum ausgegraben. Sie zeigt die Göttin in norischer Frauentracht mit einem breiten herabhängenden Gürtelband und reichlich Brustschmuck mit Schulterfibeln. Nach Art einer Fortuna hält sie ein Füllhorn im linken Arm.
Die Zuständigkeiten der Noreia waren vielfältig: als Muttergöttin beschützte sie Kinder und gebärende Frauen. Sie war gleichermaßen Mond- wie Erdgöttin, letzteres äußerst sich auch in der namentlichen Verwandtschaft mit der Göttin Nerthus.
Ihr schrieb man den Schutz des Bergbaues und der (heiligen) Gewässer, der Bäche, Quellen und Brunnen zu. Sie gilt als Gebieterin aller heilenden Kräfte, des Schicksals, des Lebensglücks sowie der Fruchtbarkeit, Noreia findet man auch auf Grab-Inschriften, woraus man schließen kann, dass sie auch eine Todes- (und Wiedergeburts-)Göttin war.
Besonders bei Kinderwunsch soll Noreia noch heute behilflich sein. Sogenannte Frauenluken, durch die Frauen, die schwanger werden wollen durchkriechen oder der Noreia geweihte heilige Quellen sollen die Fruchtbarkeit positiv beeinflussen. Bis heute ist das sogenannte „Noreia-Rutschen“ noch ein Begriff: Frauen setzen sich auf den Schoß einer Noreia-Statue und rutschen auf diesem herunter. Die Statuen sind von davon schon ganz glatt poliert. So gibt es z.B. in Wieting in Kärnten eine Noreia-Sitzstatue, die schon von vielen Frauen-Generationen aufgesucht wurde, um Kindersegen zu erbitten. Die Sitzstatue im kärnterischen Wutschein hat in ihrem Schoß eine kreisförmige Vertiefung, in die vermutlich Weihegaben hineingelegt wurden, wenn Frauen die Göttin um eine Schwangerschaft oder eine leichte Geburt gebeten haben.
Der Name eines keltischen Königreiches Noricum, dessen zentrale Göttin Noreia offenbar war, hat sich bis heute im Namen einer Pferderasse, des Norikers, erhalten. Vielfach wird Noreia heute als „die“ Ur- bzw. Muttergöttin von Österreich angesehen.
Mit folgenden Zeilen ließ der römische Dichter Lucius Apuleius (125 –160) die Göttin sich selbst beschreiben:
Ich, Allmutter der Natur; Beherrscherin der Elemente, Erstgeborenes Kind der Zeit, Höchste der Gottheiten, Königin der Seelen, Erste der Himmlischen, Ich vereine in mir die Gestalten Aller Götter und Göttinnen. Isis Noreia
Die Göttin wird vielfach als Gesamtheit der Lebenskraft, die ein Land, ein Landstrich den Menschen gibt, angesehen. Noreia ist daher vor allem einfach die Natur selbst – mit ihren Bergen, Wäldern, Wiesen, Seen und Quellen.
Durch viele Inschriften bezeugt, hält aber vor allem das Land selbst, die Erde, die Gewässer, die Pflanzen und Steine die Erinnerung an diese weibliche Ursprungskraft der Noreia.
auch: Isis Noreia
Da betrittst du heute meinen Lebensraum, schönen Noreia, Allmutter Natur. Die Verbundenheit mit der Natur spüren, diese alten Weisheiten, so bin ich täglich unterwegs und wachse. Damit wir Menschen unsere neue Welt, die wir miterschaffen gut wuppen, deine Vielfalt erblühe, wie der Felderteppich auf deinem Bild. Wie freue ich mich auf deine Weisheit. Immer wieder beschenkt mich die Göttin. Ungeahnte Überraschungen, wenn du da bist und ich deine Kraft spüre. Deine vielen Namen und Facetten helfen mir, mich immer tiefer zu entschlüsseln. Wie gerne schreite ich mit dir, Göttin, lasse dein Weisheit in mit weben. Danke. Noreia reimt sich auch schön mit Gaia. Dir Andrea lieben Dank , für deine wundervolle Arbeit, die schönen Bilder, die Inspiration, die Erinnerung.