Prende – Altillyrische und albanische Liebes- und Schönheitsgöttin

Altillyrische Völker auf der westlichen und nordwestlichen Balkanhalbinsel kannten Prende als Göttin der Morgenröte, der Liebe, der Schönheit und der Fruchtbarkeit. Unter christlichem Einfluss wurde sie in die heilige Anna umgewandelt. Prende wird als ganz besonders schön geschildert, sie ist die Göttin des strahlenden Glanzes. Frauen bitten sie, dass auch sie sich in ihrer ganzen Schönheit entfalten mögen.

Göttin des strahlenden Glanzes

 

Altillyrische Völker auf der westlichen und nordwestlichen Balkanhalbinsel kannten Prende als Göttin der Morgenröte, der Liebe, der Schönheit und der Fruchtbarkeit.
Im Volksmund im heutigen Albanien heißt sie „Zoja e bukuris“, was „Gebieterin der Schönheit“ bedeutet.
Im katholischen Nordalbanien hat Prende ihren Festtag am 26. Juli. An diesem Tag schminken und schmücken sich die Frauen ihr zu Ehren ganz besonders schön und tragen ihre besten Kleider.
Ebenso wie bei Venus und Freya ist der Tag der Prende der Freitag. Er ist auf Albanisch auch nach ihr benannt: dita e premte.
Es werden in ihrem Namen an Freitagen auch Liebesrituale gefeiert. Dazu holen die Frauen auch ihre Mörser heraus und stellen diese mit einem Stössel darin auf – eine Darstellung der sexuellen Vereinigung, was auf die erotische Seite der Göttin hinweist.
Prende wird als ganz besonders schön geschildert, sie ist die Göttin des strahlenden Glanzes. Frauen bitten sie, dass auch sie sich in ihrer ganzen Schönheit entfalten mögen.
Sie wird auch Afërdita genannt in Anlehnung an Hylli i Dritës, Afêrdita „der Stern des Lichts, Afêrdita“ (d.h. Venus, der Morgenstern) und Ylli i Mbrëmjes, Afërdita (d.h. Venus, der Abendstern).

Halbmond und Regenbogen

Das Paar Prende und ihr Göttergatte Perendi werden im illyrischen Götterhimmel auch als Mond- und Sonnensymbol dargestellt. Prende führt als Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin die Linie der altorientalischen Magna Mater aus dem fruchtbaren Halbmond fort.
Das Symbol der Prende ist neben dem Mond auch der Regenbogen, der als „Gürtel der Göttin“ in seiner ganzen Schönheit in allen Farben strahlt. Es heißt, wem es gelingt, über den Regenbogen zu springen, verändert sein Geschlecht.
Laut Volksglauben fährt Prende in einem von Schwalben gezogenen Wagen über den Himmel gezogen, die Verbindung zwischen den Schwalben und dem Wagen ist ein Regenbogen. Die Schwalben werden „Pulat e Zojës“ (Vögel der Dame) genannt.

Die Umwandlung in eine großmütterliche Heilige

Albanien wurde bereits sehr früh christianisiert. Ab dem ersten und dem zweiten Jahrhundert n.u.Z. war das Christentum in der Region die vorherrschende Religion. Man verachtete die „heidnische Vielgötterei“, an die die Menschen glaubten und versuchte diese zu verdrängen und mit christlichen Glaubensinhalten zu füllen.

Besonders die schöne Prende mit ihrer erotischen Komponente war den christlichen Missionaren ein Dorn im Auge. Eine reine, über alle Zweifel erhabene Heilige musste her, um die alte Göttin zu überlagern. Und das war erstaunlicher Weise nicht Maria, sondern ihre Mutter Anna. Damit wollte man wohl der sinnlichen Schönheits- und Fruchtbarkeitsgöttin einen mütterlichen, ja großmütterlichen Anstrich geben und auch die ausschweifenden Liebesrituale verunmöglichen. Wer feiert schon solche im Zeichen einer Heiligen?

Wobei: Die Heilige Anna gilt ja auch als so etwas wie ein Fruchtbarkeitswunder, hat sie doch als bereits alternde Frau nach Jahrzehnte langer Kinderlosigkeit ihre Tochter Maria empfangen und geboren.
Und das auf ganz „natürlichem“ Wege! Vielleicht war das ein Zugeständnis oder ein schlauer Schachzug der Kirchenväter, denn eine ganz keusche und jungfräuliche Maria wäre als Ersatz für Prende möglicherweise unglaubwürdig gewesen und damit nicht akzeptiert worden.

Wobei sich auch hier die Menschen wie so oft vom christlichen Deckmantel nicht davon abhalten ließen, ihre alten Göttinnen weiter in altbewährter Weise zu feiern. Und hier wurde nicht einmal der Namen der Heiligen akzeptiert. Denn nach der christlichen Überstülpung wurde Prende nicht Anna, sondern „Venerande“ genannt. Die Sprachwurzel dafür stammt aus dem Lateinischen „venerare“ und bedeutet soviel wie „verehren, anbeten, bewundern, hochachten“. Ganz schön schlau, denn dagegen konnten auch die christlichen Kirchenväter nichts einwenden und wer da verehrt, bewundert und angebetet wird, sei dahingestellt.
In „Venerande“ erkennen wir auch eindeutig das Wort „Venus“, die römische Entsprechung der Göttin Prende.
Als ihr Feiertag wurde der 26. Juli, der sogenannte Annentag angesetzt. Aber oft wird dieser von den Menschen einfach auf den darauffolgenden Freitag verlegt und nach wie vor mit nicht sehr christlichen Inhalten gefeiert.

Prende war in Albanien so beliebt, dass von den rund 275 katholischen Kirchen, die im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert in Albanien existierten, 33 nach ihr benannt wurden, mehr als nach jedem anderen Heiligen außer der Jungfrau Maria und dem Heiligen Nikolaus. Viele andere historische katholische und orthodoxe Kirchen wurden ihr im 18. und 19. Jahrhundert geweiht. Im Kurbin-Tal waren Wallfahrten zur Kirche der Heiligen Veneranda sowohl unter ChristInnen als auch unter MuslimInnen üblich. Dorthin gingen Menschen auch in der Hoffnung auf Heilung von Geisteskrankheiten.

Prende bzw. Prenne ist in Albanien ein beliebter Mädchenname. Auch noch im heutigen Albanisch, das viel von der illyrischen Sprache bewahrt hat, werden Göttinnen als „Perendesha“ übersetzt. Verschliffen ausgesprochen lassen sich hier Ähnlichkeiten mit Perscht, Perschta, Perchta erkennen. Der Wirkungsbereich der illyrischen Göttin hat sich also hier offenbar ziemlich ausgedehnt. Der Kult erstreckte sich von den altillyrischen Gebieten der westlichen und nordwestlichen Balkanhalbinsel bis hin zum römischen Reich und dehnte sich von dort über den Alpenkamm aus, wo wir in der Göttin Percht eine Verwandte bzw. Nachfahrin der Prende finden.

auch: Prenne, Zoja Prenne, Prema , Premte, Petka, Afërdita

 

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