Ursprünglich war Ariadne eine minoische Vegetations- und Fruchtbarkeitsgöttin, die auf den ägäischen Inseln, besonders auf Kreta und Naxos verehrt wurde. Sie wurde auch als „Die Heiligste“ oder „sehr fruchtbare Mutter“ bezeichnet.
Der rote Faden
Ursprünglich war Ariadne eine minoische Vegetations- und Fruchtbarkeitsgöttin, die auf den ägäischen Inseln, besonders auf Kreta und Naxos verehrt wurde. Sie wurde auch als „Die Heiligste“ oder „sehr fruchtbare Mutter“ bezeichnet.
Sie wurde in Kreta ausschließlich von Frauen als Göttin der Fruchtbarkeit und der Unterwelt verehrt. Die politischen Veränderungen im alten Griechenland gingen auch mit einem religiösen Wandel einher und die hellenischen Mythen setzten sie herab und machten aus Ariadne eine Sterbliche.
Der Faden aus dem Labyrinth
Der Geschichte nach ist Ariadne die Tochter der mythisch kretischen Königin Pasiphae und ihres Mannes Minos und die Schwester der Phaidra. Minos hatte Athen unterworfen, nachdem sein Sohn dort ermordet worden war.
Der Sage nach mussten alle neun Jahre jeweils 12 Mädchen und 12 Jünglinge aus Athen in Kreta (damals matriarchal strukturiert und im Gegensatz zu den kriegerischen und rauen Athenern friedvoll und kunstsinnig) quasi als Pfand leben, damit Athen Kreta nicht angreift.
Sie wurden aber nicht – wie oft behauptet – wie Geiseln behandelt sondern bekamen eine hochkarätige Ausbildung, die auch eine Reihe von Initiationen beinhaltete. Die bekanntesten davon sind der Stiersprung und der Gang durch das Labyrinth (dies um zu den innersten und dünklesten Seiten des Selbst vorzudringen, sich dort mit dem Dämon in Gestalt des Minotauros auseinander zu setzen, um dann wieder wie neu geboren herauszukommen).
Da vielen der jungen AthenerInnen das Leben in Kreta mehr als jenes daheim zusagte und sie daher nicht mehr zurückkehrten, verbreitete man in Athen das Gerücht, der Minotaurus hätte sie gefressen. Theseus, der Sohn des Athener Königs war eine dieser Jünglinge. Er hatte vor, diesen Brauch zu beenden, um so Kreta unter die Herrschaft Athens zu bekommen. Sein Plan beinhaltete die Mithilfe von Ariadne, die sich auch in ihn verliebte. Da er die Vorbereitungen zu den Initiationsriten nicht ernst nahm und zu befürchten war, dass er nicht mehr aus eigener Kraft aus dem Labyrinth zurückfinden wird, gab ihn Ariadne aus Liebe ein Garnknäuel, damit er an dessen Faden (Ariadnefaden = Leitfaden) den Rückweg aus dem Labyrinth fände.
Ariadne auf Naxos
Danach flüchtete sie mit Theseus, der ihr die Ehe versprochen hatte, von Kreta. Im Schlaf wurde sie von ihm aber auf der Insel Naxos zurückgelassen. Eine Version erzählt, dass Ariadne sich dort von einem Felsen in den Tod stürzte, weniger aus Liebeskummer sondern weil sie erkannte, dass sie die alten matriarchalen Mythen an einen Vertreter einer patriarchalen Kultur verraten hatte.
Eine anderen Version nach nahm sich Dionysos, Gott der Fruchtbarkeit und später vor allem des Weines, der Verzweifelten an und machte sie zu seiner Gemahlin. Bzw. erblickte der Gott bei einer Rast der Schiffsbesatzung rund um Theseus die liebreizenden Ariadne und war von ihr so entzückt, dass er sie Theseus einfach abluchste.
Was war das Labyrinth?
Dazu gibt es vielfältige Ansichten. Eine davon meint, es wäre die gesamte Palastanlage von Knossos gewesen, weil diese so groß und verwinkelt war, dass man sich darin schnell verlaufen konnte.
Aber: Ein Labyrinth ist kein Irrgarten, sondern hat einen klaren Weg, der hinein ins Zentrum und wieder hinaus führt.
Andere vermuten, dass es sich um die sogenannt Große Labyrinth-Höhle im Süden von Kreta handelt. Ein weitgehend künstlich angelegtes Höhlensystem mit vielen verzweigten Gänge, das möglicherweise in der Antike als Steinbruch diente.
Allerdings ist das Labyrinth ist neben der Spirale und den konzentrischen Kreisen ein Symbolmuster, das universell seit Tausenden von Jahren die Menschheit begleitet. Nicht zufällig erinnert das Labyrinthmuster an eine Gebärmutter, in der neues Leben entsteht. Es hat einen schmalen, längeren schlauchartigen Eingang (woran erinnert uns das?) und führt in vielen Windungen zum Zentrum. Von dort geht es wieder auf Wandelwegen zum Ausgang, der gleichzeitig der Eingang ist. Wenn man den Entwicklungsprozess durchschritten hat, verlässt man das Labyrinth wie neugeboren.
So kann das Labyrinth auch als die weibliche Urkraft, als Bauchkessel der alten Erdgöttin Ariadne gedeutet werden, im dem ähnlich wie in einem Entstehungsprozess zu einem Menschenleben alles gedreht und gewendet wird, bis es reif ist. Der rote Faden der Ariadne zieht sich wie eine Blutschnur durch und kann als die Linie der Ahninnen oder als das Menstruationsblut der Göttin gedeutet werden.
Anführerin der ausschweifenden, wilden Frauen
Ariadne wurde auf Naxos zur Anführerin der dionysischen Frauen, der Mänaden, deren Bezeichnung auf „Mania“ zurückgeht, also „die Rasenden“ bedeutet. Dies war eine Gruppe ausschweifender, wilder Frauen, die orgiastisch feierten, sich in die Häute selbst erlegter Tiere hüllten, ihre Altäre in der Wildnis hatten, auf Reliefen und Vasenbildern mit wehenden Haaren, in verzücktem Tanz, begleitet von Flöten, Tamburinen und Trommeln dargestellt wurden.
Mit Dionysos hatte Ariadne viele Kinder, wie es für eine Verbindung einer Fruchtbarkeitsgöttin und eines Fruchtbarkeitsgottes zu erwarten ist. Die Krone der Ariadne, ihr Brautgeschenk, wurde als Sternbild an den Himmel versetzt („Nördliche Krone“).
In der Verbindung mit Ariadne finden Frauen zu sehr alten Mythen und Ritualen zurück. Sie kennt alle Stufen von matriarchalen Einweihungsriten und hilft dabei, in das Labyrinth, in das Innerste, den Wesenskern vorzudringen und wieder heraus zu finden.
Sie verleiht den „Roten Faden“. Mit Ariadne feiern die Mänaden von heute ihre wilden Feste, lassen es richtig krachen, ehren alles, was Lust verschafft und stellen jedes Tabu in Frage.