Beira – Schottische Winter- und Schöpfungsgöttin

Beira ist in der schottischen Mythologie die Personifizierung des Winters und die Mutter aller schottischen Götter und Göttinnen. Bereits bevor alle Götter und Göttinnen geboren wurden, gab es schon Beira. Sie ist also eine Ur- und Schöpfungsgöttin.

Wächterin der Lebenskraft

Beira ist in der schottischen Mythologie die Personifizierung des Winters und die Mutter aller schottischen Götter und Göttinnen. Bereits bevor alle Götter und Göttinnen geboren wurden, gab es schon Beira. Sie ist also eine Ur- und Schöpfungsgöttin.

Sie gilt als die Schöpferin von allen Bergen, Flüssen und Seen Schottlands. Es heißt, sie schlug mit ihrem Hammer auf die Erde und formte so die Landschaften, für die das nördlichste Land Großbritanniens so bekannt ist. 

Ist sie allgemein als strenge und nahezu unbarmherzige Wintergöttin bekannt, so erzählen die Mythen aber auch, dass sie für alle Jahreszeiten zuständig ist. Sie ist damit der Lebenszyklus des Jahres und aller Jahreszeiten sowie des Wetters.

Leitet durch alle Jahreszeiten

Jeden Frühling, bevor die Knospen blühen und die Vögel zwitschern, trinkt Beira noch als Wintergöttin aus dem Brunnen der Jugend. Dieses mystische Wasser verwandelte sie in ein blondes Mädchen von überirdischer Schönheit.
Alle, Gottheiten, wie Menschen sind dann glücklich. Sie tanzen und jubeln, weil nun die Feldfrüchte und Blumen fröhlich zu wachsen und zu reifen beginnen. Sie bleibt den ganzen Sommer über diese schöne Frau, die immer reifer und sinnlicher wird.

Wenn dann allerdings der Sommer in den Herbst übergeht, verwandelt sie sich langsam. Ihr Haar wird dunkler, ihr Glanz verblasst und ihre Augenbrauen werden hölzern und hart. Von Tag zu Tag wird sie nun wütender und wilder. Aus Frustration über ihre Verwandlung schleudert sie eisige Böen und Hagelkörner auf die Erde, bis schließlich der Winter beginnt. Und dann, wenn die Kräfte des Brunnenwassers völlig erschöpft sind, wird sie zu einer hässlichen alten Frau.

Doch genau in diesem Winter hat Beira ihre stärkste Kraft, die sie einst nutzte, um Berge zu formen. Diese gewaltigen Gipfel schuf sie dem Mythos aus zweierlei Gründen:
Zum einen sollten sie als Gefängnisse für ihre lästigen Söhne dienen. Sie stritten und schrien sich jede Nacht an. Zur Strafe sperrte sie sie in riesige Berghäuser aus Stein. Aber diese riesigen Söhne versuchten trotzdem, sich gegenseitig zu bekämpfen, indem sie Steine aufeinander warfen. Die Überreste dieser Steinschlachten aus großer Entfernung sind die Felsbrocken, die man heute überall in den Bergen Schottlands sieht. Zumindest ist das die Legende.
Zum anderen formte Beira die Berge mit ihrem riesigen Hammer als Trittsteine, die ihr dabei halfen, durch das Land zu reisen und ihre eisigen Böen herabzuwerfen. Jeder Hügel hatte eine einzigartige Form, damit sie erkennen konnte, wo sie zuvor gewesen war, und damit sie den Brunnen der Jugend für den Frühling finden kann. 

Im Winter ist sie also für Stürme, Regen und Schnee verantwortlich. Verliert Beira ihre Macht, beginnt der Frühling.

Als Wintergöttin hat sie nur ein Auge und Zähne in der Farbe von Kupfer. Ihre Haut ist blau und ihr langes Haar weiß wie der Schnee, den sie hervorbringt und beschwört. Einer Quelle zufolge symbolisiert Beiras Einauge ihre Fähigkeit, über die Dualität hinaus in die Einheit aller Wesen zu blicken.

Legenden und Landschaften

Um Beira ranken sich einige der wichtigsten Legenden Schottlands, von denen es viele Versionen gibt. 

Eine dieser Legenden zufolge trank sie einst das Wasser aus einem Brunnen in der Nähe von Loch Awe. Doch eines Nachts ging sie zu Bett und vergaß, den Brunnen nach dem Trinken abzudecken, woraufhin das gesamte Wasser das Tal überflutete und Loch Awe, ein großer Süßwassersee, der drittgrößte See Schottlands, entstand. Durch die Überschwemmung waren Menschen ums Leben gekommen, und so verwandelte sie sich aus Scham in Stein.

Dieser See hat eine große Bedeutung in den Mythen rund um Beira, aber der wichtigste Ort in ihrem Zusammenhang ist ein Strudel namens Corryvreckan in der Nähe der Insel Jura. Es ist der drittgrößte Strudel der Welt. Und jedes Jahr, wenn der Herbst in den Winter übergeht, heißt es, dass Beira ihr großes kariertes Kleid in diesem Strudel wäscht. Aber die Wäsche ist so kraftvoll, dass ihr Stoff reinweiß wird und zu der Schneedecke wird, die das Land im Winter bedeckt.

Ihren Thron hat sie auf dem Gipfel des Ben Nevis, dem höchsten Berg Großbritanniens. Von diesem blickt sie ins Land und lenkt die Geschicke aller Wesen. 

Da ihre eindrücklichste Kraft im Winter zu erkennen ist, vergisst man leicht, dass sie durch alle Jahreszeiten gleitet. Es heißt, im Winter kann man sie auf dem Rücken eines großen Wolfes durch den Himmel reiten sehen (das entspricht auch dem alten gälischen Namen für den Monat Januar, der in den Februar übergeht und „Wolfsmonat“ genannt wird). 

Beschützt die Natur, die Tiere und die Menschen

Beira trägt im Winter einen Zauberstab oder eine Rute bei sich, von der es heißt, dass sie damit das Land gefrieren lassen kann, wo immer sie hinklopft.
In einer Version der Geschichte wirft sie am Ende jedes Winters diesen Stab unter die Stechpalme und den Ginsterbusch. Diese Bäume gelten als ihre heiligen Bäume. Dann verwandelt sich die Göttin in einen grauen Stein, was das Ende des Winters signalisiert. 

Doch sie wird nicht nur als wilde und unbarmherzige Wintergöttin wahrgenommen. Denn der Schnee, den sie bringt, ist auch wichtig für die Natur. Denn wenn die Erde unter dieser Schneedecke versinkt, dann sind die Pflanzen geschützt, die auf diese Weise behütet dem Frühling entgegen schlummern können. 

Und auch die Menschen wissen, dass sie auch im strengsten Winter von ihrer großen Göttin wohlwollend beschützt sind. Es gibt da den Spruch:
„Wenn wir das Weiß auf den Bergen sehen, wissen wir, dass wir unter der Regentschaft und dem Schutz von Beira stehen.“

So wird Beira auch als Wächterin der Lebenskraft bezeichnet. In dieser Rolle findet und pflegt sie die in der Erde vergrabenen Samen und erweckt sie so im Frühling zum Leben. Daher gilt sie auch als Göttin des Todes und der Wiedergeburt.
Eine weitere Verbindung zwischen Beira und der Naturwelt besteht darin, dass sie im Winter die Wächterin der Tiere ist und sie während dieser harten Jahreszeit beschützt. 

Starke Ähnlichkeit hat die schottische Beira mit Cailleach, der großen Göttin der britischen Inseln. Auch diese repräsentiert den Winteraspekt.
Während Cailleach sich im Laufe der Jahreszeiten mit den Göttinnen Brigid und  Modron abwechselt, bleibt ihre schottische Version, Beira, das ganze Jahr über die gleiche, die sich selbst verwandelt.

 

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