Mami Wata – Afrikanische Wassergöttin

Mami Wata ist die Wasser-Urmutter Westafrikas. Sie wird in weiten Teilen Afrikas und im afrikanischen Atlantik gefeiert. 

Die Urmutter des Wasser

 

Mami Wata ist die Wasser-Urmutter Westafrikas. Sie wird in weiten Teilen Afrikas und im afrikanischen Atlantik gefeiert. Es heißt, sie lebte ursprünglich im Ikpoba-Fluss in Benin-Stadt.
Die Existenz und spirituelle Bedeutung von Mami Wata ist vor allem tief in der alten Tradition und Mythologie der Volksgruppen Efik, Ibibio und Annang an der Küste Nigerias verwurzelt. Es wird angenommen, dass das gesamte alte Afrika vor dem ersten Kontakt mit Europa über eine Vielzahl von recht unterschiedlichen Traditionen von Wassergeistern bzw. Wassergottheiten verfügte.
Die meisten von ihnen galten als weiblich. Erst der europäische Einfluss und die Außensicht fasste diese als eine Göttin mit dem Namen Mami Wata zusammen. Die panafrikanische Wassergottheit assimiliert also viele regionale Wassergeister, viele von ihnen haben eine Schlangengestalt.
In der Yoruba-Tradition wird die Muttergöttin Yemaja in der Populärkultur mit Mami Wata in Verbindung gebracht. 

Macht über alle Gewässer

In den Mythen heißt es, Mami Wata habe die Macht über alle Gewässer des Landes und auch über alle Flüssigkeiten, die durch den Menschen fließen. 

Sie ist die Meermutter, die zwar alles hervorbringt, was Menschen brauchen, die aber auch Menschen verschlingen kann. Sie ist zugleich schön, beschützend, verführerisch, betörend wie auch gefährlich.
Diese Doppelnatur von Gut und Böse ist bei Wassergottheiten keine Seltenheit, was die Tatsache widerspiegelt, dass Wasser ein wichtiges Nahrungs-, Getränke- und Heilmittel ist, es wichtige Handels- wie Transportwege erschließt und Fruchtbarkeit an den Flussläufen bringt. Gleichzeitig ist Wasser auch immer gefährlich. Menschen ertrinken in ihm, es kann Felder oder Dörfer überschwemmen.

Das Verbot der „teuflischen“ Rituale

Der Glaube an Mami Wata breitete sich vermutlich ausgehend von Nigeria in viele Länder Westafrikas aus. Es wird angenommen, dass der Kult aus dem Cross-River-Gebiet im Südosten Nigerias stammt.
Wahrscheinlich handelt es sich dabei um eine Abwandlung des sogenannten Watur-Mama-Kultes, dieser wurde von europäischen Besetzern bereits 1750 in der damals niederländischen Kolonie Surinam bei afrikanischen SklavInnen wahrgenommen und dokumentiert. In Aufzeichnungen wurden bestimmte „teuflische Praktiken“ in Tänzen beschrieben: Wenn ein bestimmter Rhythmus gespielt wird, werden die Tanzenden von einem Geist besessen, der allgemein Watramama genannt wird. Da sich diese Rituale auf alle anderen SklavInnen übertragen haben, dadurch ihre Arbeitsmoral sank und diese den christlichen EuropäerInnen schlichtweg unheimlich waren, verboten die niederländischen Herrscher in den 1770er-Jahren die mit dem Geist verbundenen rituelle Tänze.

Die hellhäutige Nixe eine Seekuh?

Man findet Darstellungen dieser Göttin bzw. dieses Wassergeistes fast überall zwischen dem Senegal und Nigeria. Auf diesen Darstellungen ist sie überwiegend hellhäutig und hat eine nixenartige Form. Daher nimmt man an, dass die Gestalt Mami Watas auf den afrikanischen Manati, einer Rundschwanzseekuh zurückzuführen ist. Tatsächlich ist „Mami Wata“ ein in der Region gebräuchlicher Name für dieses Tier.

Das Meerjungfrauenbild ist aber möglicherweise erst nach dem Kontakt mit Europäern entstanden.
Auf den Schiffen von Händlern und Sklavenhändlern waren oft Meerjungfrauenfiguren am Bug eingeschnitzt, und Geschichten über Meerjungfrauen waren unter den damaligen Seeleuten beliebt.
So waren die AfrikanerInnen davon überzeugt, dass es auch in Europa diese ihnen sehr vertraute Wassergöttin gibt.

In vielen Gegenden West- und Zentralafrikas werden besonders attraktive Frauen als Mami Wata bezeichnet. Bei der Volksgruppe der liberianischen Kpelle ist Mami Wata dagegen mal ein männlich, mal ein weiblich geformtes Geistwesen.

Ihre Verehrung ist so vielfältig wie ihre Eingeweihten, PriesterInnen und alle, die sie anbeten und feiern. Grundsätzlich können aber einige Parallelen gezogen werden: So bildet intensives Tanzen bis hin zur Trance, begleitet von Musikinstrumenten wie afrikanischen Gitarren oder Mundharmonikas, oft den Kern der Mami-Wata-Verehrung.
In den Trancezuständen nimmt Mami Wata die Person in Besitz und spricht mit ihr. Es heißt, sie hütet die Träume und Phantasien der Menschen, bringt starke Gefühle und schenkt ihren AnhängerInnen Hellsichtigkeit und Heilkräfte.

Bringt Gesundheit, Wohlstand und Schönheit

Mami Wata bevorzugt Geschenke in Form von köstlichen Speisen und Getränken, Alkohol, duftenden Substanzen (wie Weihrauch, Duftöle oder Seifen) und teure Waren wie Schmuck.
Sollte sie nicht beschenkt werden, dann befürchten die Menschen, dass sie Unglück bringt. In Kamerun beispielsweise wird Mami Wata zugeschrieben, dass sie einen starken Sog verursacht, der jedes Jahr viele Menschen tötet, die an der Küste schwimmen.

Dennoch ist man aber davon überzeugt, dass sie ihren AnhängerInnen vor allem Gesundheit und Wohlstand bringt. Es heißt, sie könne Glück auch in Form von Geld bringen. Als „kapitalistische“ Gottheit schlechthin entwickelte sich ihre Persönlichkeit zwischen dem 15. und 20. Jahrhundert, der Zeit des wachsenden Handels zwischen Afrika und dem Rest der Welt. 

Die meisten Darstellungen zeigen sie als nixenartiges weibliches Wesen – ein Mischwesen mit menschlichem Oberkörper und einem Fischschwanz. Dieser wird oft auch als Schlange interpretiert, wodurch Mami Wata auch zu den Schlangengöttinnen zählt.

Sie hat meist zurück gekämmtes, unnatürlich langes Haar, wobei die Haarfarbe variiert. Das Aussehen ihrer Haare reicht von glatt, lockig bis kraus. Die Gesichter der Mami Wata-Figuren sind meist puppenhaft, schön und stets weiß – als symbolischer Ausdruck ihrer göttlich-geisthaften Entrücktheit.

Sie trägt oft teuren Schmuck sowie Kämme, Spiegel und Uhren bei sich, was sowohl auf ihren Reichtum, wie auch ihre Schönheit hinweist. Durch die Hingabe an Mami Wata versprechen sich vor allem Frauen auch, wohlhabend oder attraktiv zu werden.

Viele der afrikanischen Gottheiten sind streng oder sogar gewalttätig. Mami Wata jedoch begegnet ihren AnhängerInnen aber vor allem fröhlich, lässt sie bei den Zeremonien lachen und allerlei Schabernack treiben.

Die Farben der Göttin

Ihre Farben sind Rot und Weiß. Rot symbolisiert dabei Zerstörung und Tod, Hitze, Männlichkeit, Körperlichkeit und Macht.
Im Gegensatz dazu symbolisiert Weiß Schönheit, Schöpfungskraft, Weiblichkeit, neues Leben, Spiritualität, Durchsichtigkeit, Wasser und Reichtum. Weiß wird traditionell aber auch in vielen Kulturen Nigerias mit der Geisterwelt in Verbindung gebracht und hat daher auch etwas Unheimliches, nicht Greifbares an sich. 

Auch die Schreine der Mami Wata sind meist in den Farben Rot und Weiß dekoriert und Gegenstände wie Glocken, Schnitzereien, Puppen, Weihrauch, Bilder von Geistern schmücken oft solche Orte.
Die Kleidung bei rituellen Handlungen für die Göttin ist meist in diesen Farben gehalten, zu diesem Ornat kann auch eine Stoffschlange gehören, die um die Taille gewickelt ist. Denn sie wird auch oft gemeinsam mit einer großen Schlange dargestellt, die sich um sie schlingt und die ihren Kopf zwischen ihre Brüste legt. Diese Schlange ist ein Symbol für Wahrsagerei und unterstreicht ihre Göttlichkeit.

Ähnlich dem Element Wasser hat Mami Wata einen ambivalenten Charakter – mal sanft und fließend, mal tosend und aufbrausend. Sie hat daher sowohl heilende und lebensspendende, aber auch zerstörerische und wilde Aspekte. 

Vergleichbar mit den Sirenen der griechischen Mythologie wird Mami Wata in Erzählungen als ausgesprochen attraktive Frau beschrieben, die Auserwählte mit Lockrufen und allerlei kostbaren Geschenken verführt. 

Überlieferungen erzählen davon, dass sie ihre AnhängerInnen oder zufällige Personen beim Schwimmen oder Bootfahren entführt. Sie bringt sie in ihr paradiesisches Reich, das unter Wasser, in der Geisterwelt oder in beidem liegen kann. Lässt sie sie gehen, kehren die Reisenden meist in trockener Kleidung und mit einem neuen spirituellen Verständnis im Blick zurück. Diese zurückgekehrten Menschen sind nach der Begegnung mit der Wassergöttin oft reicher, attraktiver und gelassener.

Bringerin von Krankheiten und Heilerin

Ein herausragender Aspekt von Mami Wata ist ihre Verbindung zur Heilung. Es heißt, dass sie diverse Leiden und Krankheiten verursacht. Eine Krankheit sei ein Beweis dafür, dass Mami Wata sich für die Betroffenen interessiert und dass nur sie diese heilen kann. In Nigeria beispielsweise ist man der Auffassung, dass sie für alle körperlichen Leiden verantwortlich ist, von Kopfschmerzen bis hin zu Unfruchtbarkeit.

Tatsächlich rufen kinderlose Frauen oft die Göttin mit ihrem Kinderwunsch an. Es scheint vielfach zu funktionieren, denn viele Bilder von Frauen mit Kindern schmücken ihre Heiligtümer. Interessanter Weise besagen viele Geschichten von Mami Wata, dass sie selbst unfruchtbar sei. Wenn sie also einer Frau ein Kind schenkt, entfernt sich diese Frau also zwangsläufig mehr von der wahren Natur der Göttin.

Mami Wata in der Kunst

Mami Wata und eine Vielzahl anderer Wassergeister sind von einer reichen Vielfalt an Künsten umgeben, die alle die essentielle, heilige Natur des Wassers ehren. Sie ist also ein beliebtes Thema in der bildnerischen Kunst, Belletristik, Poesie, Musik und dem Film der Karibik sowie West- und Zentralafrikas. 

Besonders bildende KünstlerInnen scheinen von ihrem Bild angezogen zu sein, und sowohl wohlhabendere AfrikanerInnen als auch TouristInnen kaufen Gemälde und Holzskulpturen von Mami Wata. Sie spielt auch eine herausragende Rolle in der Volkskunst Afrikas, wobei ihr Bild die Wände von Bars und Wohnzimmern, Albumcovers und andere Gegenstände schmückt

Mami Wata hat sich auch in der afrikanischen und karibischen Literatur als beliebtes Thema erwiesen. Zu den AutorInnen, die sie in ihren Romanen erwähnt haben, gehören Patrick Chamoiseau, Alex Godard, Rose Marie Guiraud (Elfenbeinküste), Flora Nwapa und Véronique Tadjo (Elfenbeinküste). Mamy-Wata ist auch der Titel einer satirischen kamerunischen Zeitung.

Der Singer-Songwriter S.J. Tucker nahm zu Ehren von Mami Watanabe ein Lied namens „La Sirene“ auf. Der Trompeter Hugh Masekela hat ein Lied mit dem Titel „Mami Wata“ aufgenommen, das auf der CD-Version seines Albums The Boy’s Doin‘ It erscheint.

Mami Wata trat in der zweiten Staffel der kanadischen Fernsehsendung „Lost Girl“ auf Showcase Television auf und wird in der Fernsehsendung „River Monsters“ von Jeremy Wade beim Angeln im Kongo in der Folge „Congo Killer“ erwähnt.

auch: Mammy Water, Mamy Wata, Mammywota, Mammywater, Mommy Water, Maame Water, Maman de l’Eau, Madre de agua, Watramam, Watermam, Mamadilo, Maman Dglo, Maman Dlo, Mama Glow

 

Schreibe einen Kommentar