Branwen ist die keltische bzw. walisische Göttin der Liebe und der Schönheit. Die alten WaliserInnen verehrten sie als Tochter des Meeres und als Göttin des Mondes und der Liebe.
Die unterdrückte Hohe Matriarchin
Branwen ist die keltische bzw. walisische Göttin der Liebe und der Schönheit. Die alten WaliserInnen verehrten sie als Tochter des Meeres und als Göttin des Mondes und der Liebe. Ihre Geschichte wurde im frühen Mittelalter aufgezeichnet, wobei ausdrücklich erwähnt wird, dass sie eine „Hohe Matriarchin“ war. Die Geschichte von Branwen lässt sich höchstwahrscheinlich auf die Bronzezeit datieren. Es ist davon auszugehen, dass sie eine historische Stammesfürstin war, die in den Mythen als Göttin eingegangen ist.
Ihr Name dürfte in der kymrischen Sprache Weißer Rabe bedeuten, allerdings wird auch vermutet, dass die ursprüngliche Variation Bronwen gelautet haben kann, was sich vom kymrischen bron („Brust“) und qwyn („weiß“) herleitet, also „die Weißbrüstige“ meinen könnte.
Im Walisischen und anderen keltischen Sprachen bedeutet „weiß“ in diesem Zusammenhang Wissen, was reines Wissen aus göttlicher Inspiration bedeutet.
Branwen erscheint im zweiten Zweig des Mabinogi , einem alten walisischen Text, der viele Geschichten aus der keltischen Mythologie beschreibt.
Sie wird als eine der wichtigsten Göttinnen Britanniens angesehen und gehört gemeinsam mit Rhiannon und Arianrhod zum Göttinnen-Trio von Avalon, bei dem sie die jungen Aspekt verkörpert.
Von der Königin zur Küchenmagd
Bekannt ist von ihr vor allem die Geschichte von ihrer Ehe mit Matholwch, dem König von Irland. Er hat sich unsterblich in die schöne Waliserin verliebt. Allerdings hatte noch nie zuvor ein Frau aus ihrem Geschlecht einen Fremden geheiratet. Sie, sowie ihre Familie war aber mit der Vermählung einverstanden. Branwen ging mit ihm nach Irland und bekommt einen Sohn, den sie Gwern nennt, den künftigen König von Wales und Matholwch hoffte, dass dieser auch über Irland herrschen würde.
Allerdings ist Branwens Halbbruder Efnisien von Anfang an gegen diese Verbindung, weil er nicht um Erlaubnis gefragt wurde. Aus Rache verstümmelt er Matholwchs Pferde, wodurch es fast zum Kampf zwischen den beiden kommt. Branwens Bruder Bran gelingt es aber, die erhitzten Gemüter wieder zu beruhigen, indem er den Iren neue Pferde und einen Kessel schenkt, der Tote wieder zum Leben erweckt. Dieser Kessel wird immer wieder als weiblicher Schoßkessel bzw. Gebärmutter interpretiert aus der ständig neues Leben kommt, vergleichbar mit dem Kessel der Cerridwen.
Die Iren gaben sich mit den Geschenken aber nicht zufrieden und forderten, dass Branwen bestraft werden müsse. Matholwch gab dem Druck seines Volkes nach und verbannte Branwen darauf in die Küche, wo sie hart arbeiten muss und geschlagen wird. Um davon keine Kunde nach Wales dringen zu lassen, wird ein allgemeines Verbot von Schiffsfahrten von Irland nach Wales erlassen.
Vogel als Botschafter
Eines Tages fand sie schließlich ein verwundetes Starenbaby. Sie erinnerte sich an die Stare ihrer Mutter, denen sie als junges Mädchen das Sprechen beigebracht hatte. Da entstand eine Idee in ihrem Kopf und die Hoffnung wurde neu geboren. Sie pflegte den Star wieder gesund und brachte ihm langsam bei, wohin er gehen, wen er finden und was er sagen sollte. Der Vogel fliegt schließlich über die Irische See zu ihrem Bruder Bran, um ihm eine Botschaft zu überbringen.
Auf Walisisch lautet das Wort für Star „drudwen“ und bedeutet „schön, gesegnet, weiß“, was die Bedeutung von Branwen widerspiegelt; „bran“ bedeutet „Rabe“ und „gwen“ bedeutet „gesegnet“.
Branwens Fähigkeit, dem Vogel das Sprechen beizubringen oder die Sprache der Vögel zu verstehen, spielt auf ihre „gesegnete“ oder „schöne“ Natur an – was in der keltischen Gesellschaft immer auf jemanden mit göttlichem Wissen anspielte.
Der große Kampf
Entsetzt über das Schicksal seiner Schwester, sammelt Bran seine Männer um sich und zieht nach Irland. Als König Matholwch Gerüchte von einem „wandernden Berg“ erreichen, bekommt er Angst, denn er ahnt, dass es der Riese Bran ist, der durch die See wandert. Er flieht mit seinem Heer hinter den Linon (wahrscheinlich der Fluss Liffey). Um Bran milde zu stimmen, lässt Matholwch einen Palast bauen, der erstmals groß genug für den Riesen ist. Zudem verspricht er, Branwens Sohn Gwern die Königswürde zu überlassen.
Bei einer Feier im neugebauten Palast verstecken sich irische Adelige, die mit all dem nicht einverstanden waren, in Mehlsäcken, um die Waliser zu überwältigen. Doch der Plan wurde aufgedeckt und es bricht, nachdem Gwern ins Feuer geworfen wurde, ein erbitterter Kampf aus. Dies trotz Branwens eindringlicher Apelle, den Frieden zu wahren. Diesen Kampf überlebten schließlich nur sieben Waliser. Die Iren legten ihre Tote in den magischen Kessel, der Tote wieder zum Leben erweckt.
Branwen kehrt mit den Überlebenden nach Aber Alaw in Anglesey zurück, doch sie stirbt vor an gebrochenem Herzen, als ihr klar wird, dass zwei Länder ihretwegen fast völlig zerstört wurden.
Weibliche Autonomie wich einer von Männern dominierten Welt
Am Afon Alaw bei Elim auf Anglesey findet sich ein Rundcairn namens Bedd Branwen, wo Branwen begraben liegen soll. Um 1800 wurde der Stein erstmals ausgegraben. Bei weiteren Ausgrabungen in den 1960er Jahren wurden Urnen mit menschlichen Überresten gefunden, die per Kohlenstoff in die Bronzezeit datiert werden konnten. So liegt die Vermutung nahe, dass die Geschichte von Branwen auf einer wahren Begebenheit beruht, die während der britischen Bedd Branwen Periode der Bronzezeit stattfand.
Es lassen sich Parallelen zur Geschichte von Rhiannon aus dem ersten Zweig des Mabinogion ziehen, in der beide Göttinnen bzw. Frauengestalten fälschlicherweise beschuldigt werden und nach ihrer Heirat mit Männern aus einem anderen Reich übel mitgespielt wurde. Solche Geschichten scheinen Zeugnis vom Übergang des Matriarchats in das Patriarchat zu geben, denn sie spielen in einer Zeit, in der der alte Weg der weiblichen Autonomie und Souveränität einer von Männern dominierten Welt wich.
Seltsam ist, dass Branwens gerne als keltische Liebesgöttin dargestellt wird, ist ihre Geschichte doch voll von Unterdrückung, Herzschmerz, Trauer und Verlust.