Omphale ist neben Hippolyte, Pentesilea, Myrine eine der bekanntesten Amazonenköniginnen. Als solche soll sie die Amazonen in Lydien, an der Westküste Kleinasiens regiert haben.
Nabel der Welt
Omphale ist neben Hippolyte, Pentesilea, Myrine eine der bekanntesten Amazonenköniginnen. Als solche soll sie die Amazonen in Lydien, an der Westküste Kleinasiens regiert haben.
In die griechisch-römische Sagenwelt ging sie vor allem durch ihre Geschichte mit Herakles (lat.: Herkules) ein.
Die Amazone und ihr Sklave
Wie in der Amazonenwelt üblich kaufte Omphale einen attraktiven starken Sklaven. Dieser war kein geringerer als Herakles, einer der unehelichen Söhne von Zeus, den dieser versuchte, seiner Frau Hera als Säugling an die Brust zu legen (näheres bei Hera).
Herakles ging vor allem durch seine zwölf „Heldentaten“, die er im Dienste seines Vetters, des Königs Eurystheus vollbrachte, in die Geschichte ein:
Er erwürgte er den nemeischen Löwen, er tötete er die neunköpfige Hydra, er fing er den erymanthischen Eber, er erjagte die kerynitische Hirschkuh, er rottete die stymphalischen Vögel aus, er reinigte er die Ställe des Königs Augias, er tötete er die Amazonenkönigin Hippolyte und brachte ihren magischen Gürtel der Tochter des Eurystheus, er fing er den kretischen Stier, er warf er den thrakischen König Diomedes seinen Menschen fressenden Rossen vor, er besiegte den Riesen Antaeus, dem durch Berührung mit seiner Mutter Erde immer neue Kräfte zuwuchsen, indem er ihn in die Luft hob und dort erdrückte, er raubte er den Hesperiden drei der goldenen Apfel des Lebens, er schleppte Kerberos, den dreiköpfigen Wachhund der Unterwelt an die Oberwelt.
Herakles war aber nicht nur einer, der aus vielen Kämpfen und Abenteuern strahlender Held hervorging. Es gingen auch zahlreichen Gewalttaten auf sein Konto, u.a. die Ermordung seiner Frau und seiner Kinder. Vor allem aber weil er gegen den Gott Apollon gewalttätig wurde, gaben ihn die anderen Gottheiten als Strafe zum Verkauf als Sklave frei. So kam er zu Omphale, die ihn drei Jahre lang purpurne und durchsichtige Frauenkleidern tragen ließ, bei der er Liebesdienste zu leisten hatte und wo er vor allem auch weben, spinnen und Wolle kämmen musste.
Herkulesspiegel als Vereinigung der Gegensätze
Während er für patriarchale Begriffe eine typische Frauenrolle einnahm, trug Omphale eine Rüstung und ging geschickt mit Waffen um. Diese „Geschlechterumkehr“ drückt sich auch sehr anschaulich in römischen Spiegeln mit einem Griff in Form der „Herkuleskeule“ aus.
Der Spiegel gilt landläufig als weibliches und die Keule als männliches Attribut. Wie die Geschichte von Herakles und Omphale zeigt, können die Rollenzuschreibungen auch jederzeit gewechselt werden.
Der „Herkulesspiegel“ vereint auf an anschauliche Weise die beiden Gegensätze. Wenn wir die Waffe des großen Helden als Spiegelgriff sehen, kann das auch bedeuten, dass der stärkste Kampf jener gegen uns selbst (versinnbildlicht durch das Spiegelbild) ist. Herakles hat die schrecklichsten Ungeheuer besiegt, er galt als der stärkste und mutigste Mann. Die schwierigste Aufgabe war allerdings die Anerkennung der Weiblichkeit (im außen und vor allem seiner eigenen weiblichen Anteile).
Durch Rollentausch zu Gottheiten
Dadurch erlangen die beiden sterblichen Figuren den Status von Gottheiten. Omphale wird zu einer, der Astarte verwandten Mondgöttin. Erst durch seine Hingabe an die Weiblichkeit wird Herakles, der Held vieler Abenteuer zum Sonnengott.
Oft werden sie gemeinsam das erste Herrscherpaar des Landes bezeichnet, von welchem die Dynastie der Herakliden ihr Geschlecht ableitete. Denn sie sollen miteinander einige Kinder gehabt haben.
Manche Deutungen gehen davon aus, dass Omphale die Große Göttin verkörpert, die einen Sonnenkönig verschlingt. Dies hat zum einen damit zu tun, dass der Mond das Sonnenlicht absorbiert (also verschlingt), andererseits reiht sich dies in die Reihe jener Mythen, in dem die Große Göttin im Laufe der Jahreszeiten den Sonnengott sterben lässt, um ihn als neues Sonnenlicht (zur Wintersonnenwende) wieder zu gebären.
Herkakles spinnt bei Omphale
Interessant ist an diesem Mythos vor allem, dass Omphale Herakles dazu zwang bzw. erlaubte, auch am Spinnrad zu arbeiten. Das Spinnen wurde in vielen Kulturen als typisch weibliche Handlung (oft mit magischem Hintergrund) angesehen, bei der Frauen auch in Trance fallen und dabei „höhere“ Einsichten erlangen können.
Es scheint sich also gerade beim Spinnen um eine Einweihung für Herakles in weibliche Mysterien gehandelt zu haben. Man war der Auffassung, dass sich wie ein Spinnrad auch die Erde um einen Mittelpunkt dreht — dem sogenannten „Nabel der Welt“.
Dieser war durch den Omphalos (griech.: „Nabel“) markiert, einem Stein im Apollon-Tempel in Delphi.
Der Sage nach soll dieser als Meteor vom Himmel gefallen sein und genau jene Stelle markiert haben, an der sich die von Zeus im äußersten Westen und im äußersten Osten entsandten Adler in der Mitte der Welt getroffen haben. Man vermutet, dass der Omphalos ursprünglich ein Opferstein der Göttin Gaia war, der von den Amazonen, allen voran der Omphale behütet wurden.
Damit erringt Omphale auch den Status einer großen Erdgöttin, jener Göttin, die sogar Mittelpunkt des Weltenschoßes darstellt, die Frau, um die sich also alles dreht.