Sie ist die Göttin der Schönheit und Liebe, der Fruchtbarkeit und Sinnlichkeit, des Liebreiz und des Begehrens, des Genusses, des Vergnügens und der Ästhetik. Venus wird als Mutter aller venezianischen Stämme der Adria verehrt, nach der auch die Stadt Venedig benannt wurde.

Inbegriff der Lebensfreude 

Venus entspricht in vielen Aspekten der griechischen Aphrodite. Sie ist die Göttin der Schönheit und Liebe, der Fruchtbarkeit und Sinnlichkeit, des Liebreiz und des Begehrens, des Genusses, des Vergnügens und der Ästhetik.

Auch sie gilt als „schaumgeboren„, nachdem sich Himmel und Erde vereinigt hatten. Viele Gemälde zeigen sie, wie sie lieblich einer Muschel entsteigt. Doch Venus ist mehr als nur die römische Nachfolgerin ihrer griechischen „Kollegin“.
Im alten Römischen Reich, das den griechische Göttinnen-Pantheon im großen und ganzen in etwas abgewandelter Form übernommen hat, wurde zum einen der Mythos und die Bedeutung der schaumgeborenden Aphrodite übernommen.
Dies wurde jedoch auch mit einer (oder mehreren) lokalen Göttinnen vermischt, die für Gärten, für alle Gartengewächse und -kräuter, für Wein- und Ackerbau zuständig waren, und die sozusagen als „Geist der Schönheit der Natur“ oder als Frühlingsfee alles schön blühen und wachsen ließen (venire = wachsen, kommen).

Dementsprechend waren deren Kultstätten: Wo immer ein großer Stein in der Nähe eines hohen Baumes lag, dort wurde die Göttin verehrt.

Mutter aller venezianischen Stämme

Venus wird als Mutter aller venezianischen Stämme der Adria verehrt, nach der auch die Stadt Venedig benannt wurde.

Die Venus als Abendstern wird auch „Stella Maris“ genannt, die Göttin ist also auch die Gebieterin des Meeres, was in Venedig ganz deutlich zum Ausdruck kommt, feierte doch der Herzog von Venedig noch bis in die Renaissance jedes Jahr am Himmelfahrtstag symbolisch mit der Göttin Hochzeit, indem er einen goldenen Ring ins Meer wirft.

Dieser Mythos war schon bei der Göttin Inanna bekannt, die nur Kraft der Heiligen Hochzeit den Herrscher in seinem Amt bestätigt (oder auch nicht – und ihm damit der Verdammnis preisgab).

Besonders beliebt wurde in Rom der Mythos von Venus als Mutter des Aeneas, der, nachdem er Dido verlassen hatte seiner Bestimmung gerecht wurde und eine trojanischen Kolonie in Italien begründete, welche Bedingung des Entstehens von Rom gewesen ist.
So gilt Aeneas als Stammherr, Venus als Stammmutter des römischen Volks und (da dem Aeneas ein Sohn Julus zugeschrieben wurde) des julischen Geschlechts insbesondere. Deshalb gebrauchte wohl auch Julius Cäsar eine bewaffnete Venus als Siegel.

Verehrung, Venen und Freitag

Venus ist wohl jene Göttin, die fast allen Menschen als erste einfällt, wenn die Rede von einer Göttin ist. Sie ist sozusagen die Urmutter einer ganzen Reihe an Bezeichnungen und Begriffe, die mit ihr zu tun haben. 

Das englische Wort „veneration“ bedeutet einfach Verehrung, Venus sorgt dafür, dass die Venen das Blut in das Herz pumpen, während Artemis es in den Arterien wieder in den Körper bringt. „Venery“ ist ein altes englisches Wort für Jagd und auch für Geschlechtsverkehr.
Venus gleicht nämlich in einigen Belangen weniger der Aphrodite sondern vielmehr der Artemis, wie beispielsweise als Gebieterin der Tiere

Nach Venus wurde der sechste (heute fünfte) Wochentag „Veneris dies“ genannt, daher ital. venerdi, franz. vendredi. Die GermanInnen setzten sie mit der Göttin Freya gleich, daher die deutsche Bezeichnung „Freitag“.

Der Venushügel ist eine poetische und viel hübschere Bezeichnung für das Schambein (das eigentlich, wenn überhaupt, dann „Charmebein“ heißen sollte, weil es hier nichts gibt, wofür Frauen sich schämen sollten).
Wenn heute noch ItalienerInnen „vengo“ (vom Verb „venire“ = kommen) stöhnen, dann ist klar, dass Venus ihre Freude daran hat und schließlich werden Geschlechtskrankheiten auch als „venerische Krankheiten“ bezeichnet.

Ein Stern, der ihren Namen trägt

Allen voran denken wir aber bei Venus an den Stern, der nach ihr benannt ist (vorher war er der Göttin Ischtar gewidmet).
Und bei diesem gibt es ein erstaunliches Phänomen:
Innerhalb von etwa acht Jahren zeichnet die Planetenbewegung der Venus aus geozentrischer Sicht ein nahezu exaktes Pentagramm in den Himmelsraum, wenn man die fünf erdnächsten Punkte miteinander verbindet, die die Venus in diesen acht Jahren erreicht. Deshalb spricht man auch vom Venus-Pentagramm

Sehr schön ist das graphische Symbol der sogenannten Venusblume, die die Planetenbewegung nachzeichnet und in ihrem Innersten das Pentagramm zeigt.
Eine sehr beeindruckende Darstellung davon findet sich in diesem Video.

Diese Verbindung zwischen dem Pentagramm und der Venus ist wohl der Grund dafür, warum das Pentagramm auch als das Symbol der großen Mutter gilt.
Die Göttin Venus erscheint als mystische Himmelsblume.

Sexuelle Praktiken als Inbegriff der Lebensfreude

Venus steht sowohl für die körperliche, wie auch für göttlich-spirituelle Liebe, als dessen gemeinsamer Ausdruck die – als heilig geltenden – sexuellen Freuden gelten.

Frühe Kirchenväter verdammten die Tempeln der Venus, weil hier unter Aufsicht der „venerii“, Priesterinnen der Göttin sexuelle Praktiken gelehrt und vollzogen wurden – dies als Inbegriff der LebensfreudeGnade und  Wohlwollen der Göttin brachten.

Feenkönigin im Venusberg bei Eisenach

Allerdings wird der Aspekt von Venus als Göttin der Liebe oft auch überbetont und ihre Bedeutung als Göttin des Lebens und des Todes vernachlässigt. Venus bedeutet nämlich Leben und Tod.
Sterben hieß, zur Göttin Venus gehen und der Augenblick des Todes galt im Römischen Reich wie der Höhepunkt einer geschlechtlichen Vereinigung. In den vielen „kleinen“ und auch im „großen“ Tod wird man von Venus freundlich empfangen. 

In germanischen Sagen gibt es die Frau Venus, die als Feenkönigin im Venusberg bei Eisenach wohnt. Wer sie besucht, erlebt beispielloses Glück und nie gekannte sinnliche Genüsse. Darum hat vermutlich auch Tannhäuser nicht auf die Vergebung des Papstes gewartet sondern ist in den Berg zu Frau Venus zurückgekehrt, wo er noch heute sein soll.

Weil die christliche Kirche die so tief verwurzelte Göttin nicht einfach ausradieren konnte, wurde sie (wie viele andere Göttinnen) umgewandelt, und zwar in die Heilige Venerina, die in Balkanländern noch heute als St. Venere besonders von jungen heiratswilligen Frauen verehrt und angebetet wird. Eine historische menschliche Gestalt, die dieser Heiligen zugrunde läge, hat es nie gegeben.

Gibt ihren Namen vielen weiblichen Figuren

Viele der weiblichen Figuren die aus prähistorischen Epochen gefunden werden, werden mit Venus bezeichnet – als Beispiel die Venus von Willendorf (27.000 Jahre als), die Venus von Laussel (20.000 Jahre alt), die Venus von Dolní Véstonice (25.000 Jahre alt) oder die Venus von Lespugue (25.000 Jahre alt). Da diese Venus-Bezeichnung aber in ihrem Ursprung scherzend bis herabwürdigend verstanden wurden, geht man immer mehr dazu über, diese Figurinen anders zu bezeichnen (näheres siehe z.B. bei Urmutter von Dolní Véstonice)

Ausschweifendes Fest mit ernstem Hintergrund

Im antiken Rom wurde am 1. April und in den ersten Aprilnächte von den Matronen zu Ehren der Göttin Venus ausschweifende Feste namens „Veneralia“ ausgerichtet.
Verticordia („die Herzenswandlerin“) war ein Beiname der Venus und verwies auf die Fähigkeit der Göttin, die Herzen von Keuschheit zu Lust und von dieser wieder in Tugendhaftigkeit und Selbstkontrolle zu verändern.
Diese Festtage „Veneralia“ hatten einen durchaus ernsten Hintergrund: Sie wurden durch den Rat eines Sybillischen Orakels im Jahre 220 v.u.Z. rund um die Venus Verticordia initiiert – als Reaktion auf sexuelle Vergehen und Übergriffe.
Venus Verticordia fördert zwar durchaus den wünschenswerten Wechsel von Zurückhaltung zu ausschweifender Liebeslust. Allerdings fallen alle in Ungnade der Göttin, wenn es um ungewünschte, sexuelle Übergriffen geht, die nicht im Einverständnis aller Beteiligten stattfinden.
Der tiefere Sinn der Festivitäten war es, den Römerinnen und Römer beider Geschlechter und aller Klassen, ob verheiratet oder nicht, daran zu erinnern, die sexuellen Grenzen einzuhalten und nicht übergriffig zu werden.
Warum es dafür gerade den Rahmen eines so ausschweifenden Festes bedurfte? Dieses gab die institutionalisierte Plattform, rituell die Lust auszuleben und damit die gesellschaftliche Sprengkraft einzudämmen.
Venus Verticordia hatte einen Tempel, der am 1. April 112 v.u.Z. als Wiedergutmachungsmaßnahme für einen Inzestfall unter Vestalinnen geweiht wurde.

Anlässlich der „Veneralia“ nahmen die Frauen den Schmuck vom Standbild der Göttin und wuschen diesen sowie die Göttinnen-Statue selbst. Anschließend bekam die Göttin wieder ihren Schmuck und wurde mit frischen Blumen geziert. Bei der Reinigung der Statue handelte es sich gleichsam um eine Reinigung von vorjährigen Sünden.

Die Matronen richteten diese Feste aus, Ovid schildert aber in einem Gedicht die Teilnahme von Prostituierten ebenso wie die von Müttern und Bräuten.
Es ging offenbar sowohl bei den bessergestellten als auch bei den niedriggestellten Frauen darum, für ihr sexuelles Leben den Beistand der Liebesgöttin zu begehren und sie vor sexuellen Übergriffen zu bewahren.

Die Festteilnehmerinnen tranken den Trank, den Venus selbst in ihrer Hochzeitsnacht getrunken hatte: Mohnblume mit Milch und Honig.
Die Frauen badeten an diesen Tag in den Männerbädern, die ihnen für diese Feste zur Verfügung standen und trugen Myrten-Kränze auf Ihren Köpfen. Beim Eintritt in die Bäder brachten die Frauen der Göttin Weihrauch dar: Die Göttin sollte dadurch im Falle, dass ihr irgendwelche körperlichen Gebrechen an den Frauen auffielen, diese vor den Männern verbergen.
Frauen wie Männer baten Anfang April Venus Verticordia um Hilfe bei Angelegenheiten des Herzens, des Sexuallebens, der Verlobung und der Ehe.

Vor allem aber vergnügten sich Frauen miteinander auf sinnliche Art und Weise und feierten wohl auch die Freuden des beginnenden Frühlings.
Peter Paul Rubens hat das auf seinem Gemälde „Fest der Venus Verticordia“ anschaulich dargestellt.
Zu den Bräuchen gehörten auch Streiche unter FreundInnen (die immer noch im Aprilscherz erhalten sind).

Venire – Kraft des „Kommen lassens“

Die Blumen der Venus sind Rosen und Lilien, ihr geheiligtes Tier die Taube, als Symbol des Lebens, der Liebe und der Sexualität (Turteltäubchen).

Venus inspiriert die Menschen, einander zu lieben, damit sie ihre Freude aneinander haben und natürlich auch, damit die Menschheit weiter existiert. Sie bringt Harmonie, lässt uns Spannungen und Gegensätze ausgleichen, Härte und Schärfe mildern.
Sie inspiriert KünstlerInnen schöne Dinge zu kreieren (nicht zuletzt eine Vielzahl von Abbildungen ihrer selbst).

Die Kraft von Venus ist das „Kommen lassen“ (venire ist das italienische Wort für Kommen). Dies ist besonders für Frauen wichtig, zu denen, wenn sie in sich und ihrem weiblichen Selbstverständnis ruhen, Liebes- und andere Dinge einfach anziehen, kommen lassen ohne viel dafür tun zu müssen.

 

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