Seschat – Ägyptische Göttin der Schreibkunst, des Bauwesens und des Schicksals

Im antiken Ägypten war Seschat die Göttin der Schreib- und Rechenkunst, der Baukunst, des Archivierens und vieler anderer Tätigkeiten und genoss als diese allgemeine Verehrung.

Die zuerst geschrieben hat

Im antiken Ägypten war Seschat die Göttin der Schreib- und Rechenkunst, der Baukunst, des Archivierens und vieler anderer Tätigkeiten und genoss als diese allgemeine Verehrung.
Sie war aber auch die ganz persönliche Schutzgöttin des Königs (Pharao) bzw. der Königin (Pharaonin), Sie beschützte auch die Baumeister, die Gelehrten und Schreiber, das Lebenshaus und die Tempelbibliotheken sowie alle Sammlungen von Schriften und Dokumenten.
Seschat ist die „Gebieterin der Grundpläne und Schriften“, sie hatte die Oberhoheit über alle Archive. Sie ist die Göttin der Wissenschaften und der Mathematik, ihre Zuständigskeitsbereiche lagen auch in der Buchhaltung, im Aufzeichnen der Annalen sowie im Ahnen- und Totenkult
Denn alle diese Aufgaben des Niederschreibens und Bewahrens, des Bauens und Berechnens haben ihren Anfang im religiösen Bestreben genommen, den menschlichen Körper nach dem Tod zu erhalten und auf Dauer zu bewahren.

Eine ihrer wichtigsten Auf gaben bestand darin, die jährlichen Ereignisse der Regierungsjahre eines Königs schriftlich festzuhalten. Als Gebieterin über die Schrift wird Seschat von den beiden Personifikationen für das „Hören“ und das „Sehen“ unterstützt, denn das sind die zwei wichtigen Grundvoraussetzungen, um überhaupt etwas aufzeichnen zu können.

Die Zeremonie des Schnurspannens und die oberste Buchhalterin

Der Kult der Seschat ist seit der 2. Dynastie belegt. In ihrem Namen wurde bei der Errichtung heiliger Bauwerke der Grundriss festgelegt, es hieß, sie überwache die wichtige Zeremonie des Schnurspannens. Die oft belegte Tätigkeit der Seschat bei diesem Schnurspannen ist eine zentrale Handlung der offiziellen Gründungszeremonien und ist durch ihre Funktion als „Gebieterin der Bauleute’“ begründet.
Dieses Ritual ist inschriftlich erstmals in der 1. Dynastie unter dem Palermostein belegt, wo es heißt: „Spannen des Stricks für das Haus ,Sitz der Götter‘ durch den Priester (oder: die Priesterin?) der Seschat“.
Ab dem Alten Reich schrieb man Seschat zu, dass auch buchhalterische Aufgaben, zum Beispiel die Registrierung von Kriegsbeute, der Abgaben, Tribute, Beute, Anzahl von Gefangenen in ihren Hoheitsbereich fallen.
Im Neuen Reich wurde sie in verschiedenen Tempelszenen dargestellt, wie sie mit Hilfe von Einkerbungen in Stäben oder Rispen die Herrschaftsjahre und Jubiläen eines Königs verzeichnete.

Die, welche den Leichnam versorgt

Seschat kam auch eine Rolle im Toten- und Ahnenkult zu.
Ihr Aufgabe darin bestand, die Körper der Verstorbenen zu versorgen und für die Beisetzung im Grab vorzubereiten. Zusammen mit der Göttin Nephthys reinigte sie rituell die Gliedmaßen der Verstorbenen, um sie für das spätere Weiterleben vorzubereiten. Der Beinamen der Göttin Seschat ist daher auch „Die, welche den Leichnam versorgt“.
Dies hat wieder mit ihrer Funktion im Bauwesen zu tun. Wie ein Gebäude bereitet sie auch die Verstorbenen neu auf, damit diese in der anderen Welt alle ihre Gliedmaßen wieder einsetzen können. Als Gebieterin der Bauleute ist sie auch für den Grabbau verantwortlich.
Eine Würdigung bzw. Anrufung der Seschat findet sich daher auf zahlreichen Grabinschriften.
Neben der Zusammenarbeit mit Nephthys besteht auch eine enge Beziehung zu Mafdet, die als Zwillingsschwester der Seschat gilt. Mafdet ist die Unterweltsführerin, die die Seelen durch die Verwirrungen des Totenreichs führt.
Der Geburtstag beider Göttinnen wurde gemeinsam gefeiert. Man vermutet, dass die Verbindung durch ihre Funktionen zustande kam. Mafdet galt als eine Gerichtsgöttin und Seschat als Schriftgöttin.

Leopardenfell und Cannabiskrone

Dargestellt wird Seschat rein menschlich – als Frau. Sie hat nicht, wie viele andere ägyptische Gottheiten, einen Tieranteil. Allerdings ist sie häufig mit einem Leoparden- bzw. Pantherfell bekleidet zu sehen. Das könnte darauf hinweisen, dass sie die Schutzgöttin der Sem-Priesterschaft des Osiris war. Das Pantherfell der Sem-­Priester war jedenfalls in ähnlicher Weise gestaltet wie jenes der Göttin Seschat.
Dieses Raubtierfell wird als Schutz vor den Mächten des Bösen gewertet.

Interessant ist ihr Kopfschmuck bzw. ihre Krone. Der Göttin wächst eine siebenblättrige Blüte bzw. ein siebenstrahliger Stern aus dem Kopf. Obwohl altägyptischen Zeichen meist schwer zu deuten sind, kann man hier davon ausgehen, dass dieses Symbol wahrscheinlich ein siebenblättriges Cannabisblatt ist, dessen Stiel am unteren Ende mit dem Kopf von Seschat verbunden ist. Dies symbolisiert vermutlich den Zusammenhang zwischen dem Cannabiskonsum und der Bewusstseinserweiterung, da die Zirbeldrüse über den Stiel mit dem Marihuanablatt verbunden wird.

Über all dem spannt sich ein bogenförmiger oder halbrunder Kreis wie eine Art Kuppel. Dieser Halbkreis verbindet oft die oberen Spitzen des Blattes bzw. nochmals eine kleine Wölbung bzw. ein nach oben offenes Rohr. Dies könnte als direkter Draht zum Universum oder zu einer höher gestellten Energie oder Intelligenz gedeutet werden, die sich möglicherweise mit dem Konsum von Cannabis erschließt.
Auf manchen Abbildungen befindet sich darauf ein Federpaar. Dieses wurde später zu einem nach unten gerichteten Hörnerpaar.
Thutmose III. (regierte von 1479 bis 1425 v.d.Z.) bezeichnete sie als „Sie der sieben Spitzen”, während die Sargtexte, eine Sammlung von Begräbnissprüchen, die an den Wänden des Sarkophags der Pharaonen des mittleren Königreichs gemalt wurden, ihre psychoaktive Kraft offenbaren. In Spruch 10 heißt es: „Seschat öffnet dir die Tür des Himmels“ – was auch im Symbol über ihren Kopf, das auch als Himmelsgewölbe interpretiert werden kann, zum Ausdruck kommt.
Dieses Symbol könnte allerdings auch eine archaische Hüttenkonstruktion mit Mittelsäule, Schilfdach und Chekerfries sein.

Meist hält die Göttin in ihrer linken Hand einen eingekerbten Palmstab, worauf sie die Herrschaftsjahre und Jubiläen des Pharaos notiert hat. Die Palmrispe war die Hieroglyphe für das Wort „Jahr“ und stand symbolisch für die gemessene Zeit. Der Stab endet in einer Kaulquappe – das Zeichen für „unendlich“.
Wenn sie als Schutzgöttin über ein Bauvorhaben wachte, konnte sie auch Hammer und Pflock für die Schnurspannzeremonie in Händen halten.

Die oberste Baumeisterin

Außerhalb ihrer Tätigkeiten als Göttin der Schreib- und Bauvorhaben kam der Göttin im Alten Reich eine bedeutende Rolle im Königskult zu. Gemeinsam mit dem Gott Min wachte sie über die Ausrichtung des Sedfestes, das für den herrschenden König Wiedergeburtscharakter besaß.
Dargestellt findet man sie auf den Bildern von Krönungsfeierlichkeiten in vielen Tempeln, wo sie auch leicht an ihrem Schreibzeug erkannt werden kann.
Sie spielte auch bei der Einweihung von Bauwerken eine bedeutende Rolle, und das Ritual bei der Gründung eines Tempels im alten Ägypten war sehr komplex und nur möglich unter der Mitwirkung des Pharaos oder der Pharaonin und einer Reihe von Gottheiten.
Den Überlieferungen zufolge beriet Seschat den Pharao oder die Pharaonin während der Planung des Heiligtums. Auch überwachte sie die Grundrisslegung, welche in der Nacht stattfand um die richtige geografische Orientierung des Bauwerks zu gewährleisten. Bei einer Zeremonie spricht Seschat (bzw. eine deren Vertreterinnen) dann folgende Worte:
„Dein Bauwerk wird so sicher auf seinen Fundamenten stehen, wie der Himmel auf den seinen, und dein Werk bei seinem Meister ruhen wie die Erde bei den Gottheiten … es wird auf Erden der Zerstörung widerstehen in Ewigkeit …“

Die Schreibkunst und das Schicksal

Das Wort „Sesch“ heißt soviel wie Schreiber, die weibliche Form ist Seschet. Damit ist klar, dass dem bedeutenden altägyptischen Berufsstand der (meist als männlich überlieferten) Schreiber eine weibliche Göttin vorstand. Wichtig in diesem Zusammenhang: Im antiken Ägypten tritt eine Frau als erste Schreiberin auf der Narmer-Palette in Erscheinung.

Die Funktion der Seschat als Schreiberin macht allerdings nur einen Teilaspekt ihres Wesens aus, der sich gewiss nicht in einem einzigen Begriff ausdrücken lässt.
Eine weitere Bedeutung ihres Namens ist etymologisch auch vom Vokabel für „das Schicksal festsetzen“ abzuleiten, etwa im Sinne von: „Die, welche das Schicksal festsetzt“.
Einige Theorien gehen davon aus, dass die Beziehung zum Schreiben eher sekundär sei und dass Seschat primär eine Göttin bezeichne, welche „die Bestimmung herbeiführt“ bzw. „welche die Lebenszeit festsetzt“. All das wird von ihr wiederum niedergeschrieben.

Die Verbindung zwischen dem Versorgen der Verstorbenen und der Schreibkunst sowie des Archivierens liegt auch auf der Hand: Seschat schreibt die Ereignisse der Vergangenheit nieder, um diese für die Zukunft in der Erneuerung der Vergangenheit zu sichern und festzuschreiben. Diese steht somit in voller Übereinstimmung mit der Tätigkeit der Seschat beim Bewahren und Konservieren des Leichnams. Das Bewusstsein für die Vergangenheit und für das vergangene Leben äußert sich im Archivieren, für das Seschat steht.

Im Mythos der Seschat wird berichtet, dass sie alle wichtigen Ereignisse und Fakten jeder Regierungsperiode festhält und die „Königlichen Listen“ immer auf dem aktuellen Stand hält.
In der Tat gibt es eine Mehrzahl dieser Listen aus der ramessidischen Epoche und diese enthalten die Namen aller legitimer Pharaonen, die als Vorgänger bekannt sind, bis hin zur ersten Reichseinigung.
Seschat besaß keinen eigenen Tempel, sie wurde aber wegen ihrer Rolle bei der Gründungszeremonie und ihrer Verbindung zum Königtum auf vielen Tempeln des Landes abgebildet.

Beinamen der Göttin Seschat:
Die dem Bücherhaus (oder auch dem Lebenshaus) vorsteht
Die zuerst geschrieben hat
Die Gebieterin der Grundpläne und Schriften
Sie der sieben Spitzen
Die, welche das Schicksal festsetzt
Die, welche den Leichnam versorgartedt

 
auch: Seschet, Seshat, Sefchet-Abwi (hier ist man sich nicht sicher, ob dies eine eigenständige andere Göttin ist, da sie aber in Bedeutung und Darstellung der Seschat gleicht, ist dies vermutlich eine andere Form ihres Namens.)

 

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