Ascherah – Hebräisch-kaanaitische Urmutter und Fruchtbarkeitsgöttin

Von Ascherah sagt man, sie habe alle anderen Gottheiten geboren. Damit ist sie auch die Großmutter der MuslimInnen, der JüdInnen und der ChristInnen.

 Erstes Brot des Lebens

Von Ascherah sagt man, sie habe alle anderen Gottheiten geboren. Damit ist sie auch die Großmutter der MuslimInnen, der JüdInnen und der ChristInnen.

Sie ist die Muttergöttin der frühsemitischen Religionen und die hebräisch-kaanaitische Urmutter und Fruchtbarkeitsgöttin. Ihr Ursprung liegt in der syrischen Steppe.
Dort hieß sie Aratum und ihr Gefährte war der Gott Amurru.
Später wurde sie zur Hauptgöttin des Stadtstaats Ugarit (nahe der heutigen Hafenstadt Latakia in Syrien), dessen Blütezeit etwa 1400 bis 1200 v.d.Z. war.

Ausgrabungen belegen Verehrung der Ascherah/Astarte bereits um 1750 v.d.Z., ihre Tempel in Syrien, Libanon und Israel wurden erst um 300 n.d.Z. geschlossen.

Ihr ugaritischer Name war „ˀaṯrt“, was sich wohl vom semitischen „atr“ (= Heiliger Ort) ableitet. Daraus entwickelte sich „ˀAṯiratu“ und schließlich althebräisch „ˀAšera“.
Aschera (manchmal auch Astoret) ist heute vielmehr unter dem Namen Astarte bekannt, die bei vielen westsemitischen Völkern Verehrung genoss.

War Gott verheiratet?

In der aktuellen Bibelforschung wird mittlerweile davon ausgegangen, dass Ascherah sowohl in Israel als auch in Juda jahrhundertelang nicht nur neben dem biblischen Gott Jahwe verehrt wurde. Denn sie wurde zuerst als eigenständige Göttin, viel später erst als Gefährtin/Ehefrau von Jahwe angesehen.
Das ist nicht verwunderlich, denn Ascherah hatte schon immer Gefährten an ihrer Seite, schon lange vor Jahwe. Das sind z.B. die Götter Adad, Baal oder Assur bzw. der Gott El in den kanaanäischen Regionen Palästinas.
Wohlgemerkt: Sie war die große Göttin und hatte Gefährten. Nicht umgekehrt, dass sie das nette Beiwerk zu einem männlichen Gott gewesen wäre. Denn die Sprachwurzel von „Gott“ ist die gleiche wie von „Gatte“ — jener Mann, der einer Göttin zur Seite stand.

Die Götter kamen und gingen, bekämpften einander, lebten ihre Machtansprüche aus. Ascherah war die Konstante.
So forderte der Prophet Elia (sein Name bedeutet: „Mein Gott ist Jahwe“, und so lautete auch sein Programm) 450 Baalspropheten auf, eine Gottesbefragung durchzuführen.
Austragungsort war der Berg Karmel, die Frage war, welcher Gott ein dargebrachtes Opfer mit Feuer entzünden würde. Baal oder der lebendige Gott, wie ihn Elia nannte?
Die Bibel beschreibt sehr bildhaft das vergebliche Bemühen der Baalspriester, ihr Opfer in Brand zu bekommen. Elia dagegen konnte sehr eindrucksvoll die Macht seines Gottes demonstrieren, der ein verzehrendes Feuer schickte. Daraufhin wird berichtet, wie das ganze Volk den lebendigen Gott anbetete: „Der Herr allein ist Gott, der Herr allein ist Gott!“
Beflügelt von dieser Machterfahrung schlachtete Elia alle Baalspropheten eigenhändig. (1. Könige — Kapitel 18)

Die 400 anwesenden Propheten der Ascherah kamen übrigens in dieser Szene offenbar ungeschoren davon. Denn vermutlich brauchte man das weibliche Element noch, um nach dem Tod von Baal und seinen Priestern den neuen Gott durch die Beziehung zur Großen Göttin zu legitimieren.

Schon bei oberflächlichem Studiums des Alten Testaments wird offensichtlich:
Es hat anscheinend schon vor dem babylonischen Exil Zeiten gegeben, in denen Israel
nicht allein Jahwe, sondern auch eine weibliche Gottheit anbetete.
Zahlreiche Inschriften belegen das:
„Ich segne euch durch YHWH von Samaria und durch seine Ascherah.“
„Gesegnet sei Uriyahu durch YHWH und von seinen Bedrängern hat er ihn gerettet durch seine Ascherah.“

König Manasse ließ sogar im Tempel zu Jerusalem ihr Bildnis aufstellen. Neben etwa 1000 weiblichen Tonfiguren wurden auch Inschriften in Gräbern und Privathäusern aus der Zeit zwischen dem 8. und 6. Jhdt v.d.Z. gefunden, in denen neben Jahwe auch Ascherah verehrt wird. Im Nord- und im Südreich hatte Jahwe daher vermutlich eine göttliche Partnerin und es ist wahrscheinlich, dass die Bildnisse dieser beiden Gottheiten sogar — bis zu seiner Zerstörung durch Nebukadnezar — gemeinsam im Jerusalemer Tempel standen.

Gott soll also verheiratet gewesen sein? Seit über 2500 Jahren versuchen christliche und jüdische Orthodoxe die Erinnerung an dieses Eheleben auszulöschen.

Eine ganze Reihe an Propheten – Hosea, Jeremia, Jesaja – polemisieren daher gegen Ascherah.

Und auch dem Frauenfeind Luther war die Vorstellung, dass einst eine Frau an Gottes Seite angebetet und verehrt worden sein könnte, ein Gräuel.
Er tilgte daher 1545 den Namen Ascherah aus allen Versen seiner Bibelfassung und übersetzte zum Beispiel 2. Kön. 13,6 so: „Auch blieb stehen der Hain zu Samaria.“
In revidierter evangelischen Bibelfassung holte man die Göttin wieder zurück und wir lesen wieder: „Auch blieb das Bild der Aschera zu Samaria stehen.“

Die verehrte Himmelskönigin

Sehr eindrücklich wird die Ascherah-Verehrung und gleichzeitig -Verdammung im sogenannten Babylonischen Exil ab 597 v.d.Z.: Die exilierten Jüdinnen und Juden erinnerten sich an eine Zeit, in der sie gut geschützt von der großen Himmelskönigin waren und entdeckten, dass das Volk Babylons ebendieser Göttin huldigte — offenbar mit viel Erfolg, denn es ging diesen Menschen sehr gut. Der Prophet Jeremia hatte viel zu tun, um das Volk von seinem männlichen Gott weiterhin zu überzeugen und vor einer erneuten Verehrung der Himmelskönigin zu warnen.

Wobei er sich schon sehr schwer getan haben muss, den besonders sympathisch oder gar gütig kommt da der sogenannte „Liebe Gott“ ja nicht gerade rüber:

„Und ich will wegraffen, die übrig geblieben sind von Juda, die ihr Angesicht nach Ägyptenland gerichtet haben, um dorthin zu ziehen und dort zu wohnen; es soll ein Ende mit ihnen allen werden in Ägyptenland. Durchs Schwert sollen sie fallen und durch Hunger sollen sie umkommen, Klein und Groß; sie sollen durch Schwert und Hunger sterben und sollen zur Verwünschung, zum Entsetzen, zum Fluch und zur Schmach werden.“

sagt er da durch Jeremia (Jer 44, 12). Jeremia stellte die Männer wegen der Verehrung der Himmelskönigin zur Rede und diese gaben sehr freimütig zu, dass ihre Frauen wieder zum alten Glauben übergegangen sind und von Männer aus plausiblem Grund dabei auch unterstützt wurden:

„Da antworteten dem Jeremia alle Männer, die sehr wohl wussten, dass ihre Frauen andern Göttern opferten, und alle Frauen, die dabeistanden, eine große Menge, samt allem Volk, das in Ägyptenland und in Patros wohnte, und sprachen:
Den Worten, die du im Namen des HERRN uns sagst, wollen wir nicht gehorchen,
sondern wir wollen all die Worte halten, die aus unserm eigenen Munde gekommen sind, und wollen der Himmelskönigin opfern und ihr Trankopfer darbringen, wie wir und unsere Väter, unsere Könige
und Oberen getan haben in den Städten Judas und auf den Gassen Jerusalems. Da hatten wir auch Brot genug und es ging uns gut, und wir sahen kein Unglück. 

Seit der Zeit aber, da wir es unterlassen haben, der Himmelskönigin zu opfern und Trankopfer darzubringen, haben wir an allem Mangel gelitten und sind durch Schwert und Hunger umgekommen. 
Und wenn wir Frauen der Himmelskönigin opfern und Trankopfer darbringen, das tun wir ja nicht ohne den Willen unserer Männer, wenn wir ihr Kuchen backen, um ein Bild von ihr zu machen, und ihr Trankopfer darbringen.“  (Jer 44, 16-19)

Mit dieser „Himmelskönigin“ ist Ascherah gemeint. Und kaum eine andere zum jüdisch-christlichen Gott konkurrierende Gottheit wurde in der Bibel so oft erwähnt wie sie (etwa 40 Mal). Dies allerdings mit wildesten Warnungen und Anweisungen, ihren Kult niederzumetzeln und auszurotten (siehe auch die untenstehenden Bibelzitate).

„Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen.“ (Ex 20,5) — diese Bibelworte machen es deutlich: Da steht nicht „es gibt keine anderen Götter“, sondern, dass man ihnen nicht dienen soll!
Soviel zum „Ein-Gott-Glauben“.

„Gott“ war in ständiger Konkurrenz und Gefahr, dass andere „Götter“ besser, interessanter, attraktiver sein könnten. Kein sehr entspanntes Dasein. Was tut er? In seiner offenbaren Verzweiflung wütet und droht er. In Ex 20,5 können wir weiterlesen: „Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen, an der dritten und vierten Generation“.

Das macht ihn auch nicht gerade attraktiver oder irgendwie sympathisch. Kein Wunder, dass die uralte, vertraute Muttergöttin für viele die unumstritten bessere Glaubens-Variante war.
An der Vehemenz der Aussagen und biblischen Angriffe ist zu erkennen, welch Ernst zu nehmende Gefahr der alte Göttinnen-Glauben zu der verhältnismäßig jungen Religion des einen männlichen Gottes darstellte.

Der „Erfolg“ dieser Göttinnen-Verehrung lag wahrscheinlich u.a. darin, dass Ascherah nicht abgehoben war, sie ist in jedem Haus allgegenwärtig und lebt mit den Menschen mit und ist ihnen freundlich zugetan. Sie hilft ihnen, ihren Alltag zu bewältigen sowie ihre Träume und Ziele zu erreichen. Sie ist daher auch die Göttin des Haushaltes und der Küche. Viele ihrer Altäre sowie Ascherah-Figuren wurden bei Ausgrabungen in den Küchen gefunden.

Brotteig-Figuren der Göttin

Hebräische und kanaaitische Frauen formten Ascherah-Figuren aus Brotteig. Die Göttin wurde auch das „Erste Brot des Lebens“ genannt.

Wieder ein Grund für den frommen, gottesfürchtigen und gestrengen Prophet Jeremias sein Volk anzuprangern:

„Kinder sammeln Holz, die Väter versorgen das Feuer, die Frauen backen die Opferkuchen.“ (Jer 7,18).

Der Beitrag der Frauen mit ihren „Opferkuchen“ schien beim Göttinnen-Dienst sehr wichtig, wenn nicht der wichtigste gewesen zu sein.
Im übrigen können wir davon ausgehen, dass in matriarchalen Zusammenhängen nicht „geopfert“ wurde, das kam erst im Patriarchat auf. Es handelte sich bei den Kultgebäcken der Frauen wahrscheinlich viel eher um „Weihegaben“ an die Große Mutter.
In Mesopotamien und Syrien sind zahlreiche Backformen für solche Kuchen mit sowohl weiblichen Figuren als auch sternförmigen Symbolen (als Zeichen der Astarte) gefunden worden. Allein im Palast von Mari am Euphrat entdeckte man 47 solcher Formen. Drei Formen zeigen die „nackte Göttin“ auf einem Bett. Ein phönizisches Tonmodell stellt neben sonst bekannten Siegelabbildungen auch den heiligen Backvorgang dar. Vier Frauen bereiten an einem Ofen die Opferkuchen.

Vermutlich wurde mit diesen gebackenen Figuren auch orakelt. Jedenfalls wurden diese Ascherah-Figuren aus Brot gesegnet und rituell gegessen, sozusagen, um die Göttin mit allen ihren Kräften ganz sich aufzunehmen, sich mit ihr eins zu fühlen.
Dieses Ritual wurde von den christlichen Kirchen in Form der Kommunion mit Brot oder Oblaten übernommen.

Die Zweiggöttin und ihr Lebensbaum

Figuren von Aschera werden auch häufig in den Wurzeln von Bäumen vergraben gefunden, sie scheint daher auch als Baumgöttin verehrt worden zu sein. Ihr heiliger Hain war der Geburtsort aller Dinge.

Verehrt wurde Ascherah auch als Kultpfahl, der einen stilisierten Baum darstellt. Erwähnt wird dieser z.B. im 5. Buch Mose im Zusammenhang mit dem Laubhüttenfest.
Es gibt dort eine Ermahnung, die aufhorchen lässt:

„Stellt niemals einen höl­zer­nen Ascherah-Pfahl neben den Altar des Herrn, eures Gottes, den ihr euch bauen werdet.“

Dies lässt unmissverständlich darauf schließen, dass die Wurzel des jüdischen Laubhüttenfest sehr viel älter sind und der damals neue jüdische Gott mit der alten Muttergöttin in großer Konkur­renz stand.

Auch die Figuren aus Brotteig und der Zusammenhang mit dem Laubhüttenfest, das ein wichtiges Erntefest war (es soll laut Mose „am Ende der Erntezeit — wenn das Getreide gedroschen ist und die Trauben gekeltert sind“ gefeiert werden) lässt darauf schließen, dass Ascherah auch als Erntegöttin verehrt wurde.

Dieser zu Ehren der Göttin in die Erde gepflanzter Baumstamm ohne Wurzeln aber mit stehengelassenen Zweigen wurde gleich der Göttin „Ascherah“ (Mehrzahl Ascherim, seltener Ascheroth) genannt.

Diesen Brauch, abgeholzte Bäume kultisch zu verwenden, findet man heute noch in Riten auf der ganzen Erde: Beim Weihnachtsbaum und Maibaum, beim Sonnentanz-Baum und Totempfahl der indigenen Menschen Nordamerikas, beim keltischen Lebensbaum und natürlich folgen auch Gipfelkreuze und andere große Kreuzsymbole diesem Prinzip – aus einem großen Baumstamm hergestellter in die Erde gepflanzte Pfahl.

Die hölzernen Ascherah-Pfahle wurden übrigen oft neben dem Symbol für Baal aufgestellt, einem Pfeiler aus Stein, vermutlich in Form eines Obelisken — so wie er noch immer als Zentrum des Petersplatz in Rom zu sehen ist. Was schon erstaunlich ist, dass im Zentrum des Christentums nicht ein Kreuz sondern das alte Baal-Symbol steht.

Bietet ihr Brüste dar

Neben den hölzernen Ascherah-Pfahlen waren offenbar auch Pfeilerfigurinen in Verwendung, die Frauen mit großen Brüsten zeigen und eine dea nutrix (“nährende Göttin“) darstellen. Bei Ausgrabungen wurde eine große Anzahl von solchen Figurinen gefunden.

Auch andere Figuren von Ascherah zeigen sie zumeist nackt oder mit nacktem Oberkörper. Typisch für sie ist eine Form, in der sie ihre Brüste mit ihren Händen halt. Dies offenbar als Symbol einer nährenden Göttin. Einer ihrer Namen „Asjesj“ bedeutet übersetzt sowohl «gießen» als auch „liefern“ —  dies lässt auf die Funktion ihre Brüste schließen.

Wenn wir über den nährenden Aspekt hinaus auch eine erotische Wirkung dieser Figuren, in den Ascherah ihre Brüste darbietet, wahrnehmen, dann hat das auch seine Berechtigung: In matriachalen Strukturen galt Sexualität als heilig, weil dadurch Leben entsteht.

Galt der Geschlechtsakt von Ascherah und Baal noch als ganz selbstverständlich, ja notwendig,
um das Wachstum der Pflanzen und die Fruchtbarkeit der Tiere anzuregen, so bemühten sich die Propheten von Jahwe, die Göttin immer mehr als „Hure“ zu verdammen.

Gottes „Scheidung“

Besonders bemühte sich der Prophet Hosea, die Göttin in dieser Weise als „Hure“ darzustellen.
Hosea gilt als so etwas, wie der „Scheidungsanwalt Gottes“. Denn als man nun endgültig das weibliche Element neben Jahwe streichen wollte, trat Hosea auf den Plan:
Der Scheidebrief, den Hosea im Namen seines mächtigen Mandanten ausstellte, ist in den Prophetenbüchern der Bibel überliefert:

„Sprecht das Urteil über eure Mutter. Sie sei nicht mein Weib und ich will sie nicht haben, heißt sie ihre Hurerei von ihrem Angesichte wegtun und ihre Ehebrecherei von ihren Brüsten, damit ich sie nicht nackt ausziehe und hinstelle, wie sie war, als sie geboren wurde und ich sie nicht mache wie ein dürres Land, dass ich sie nicht Durstes sterben lasse und mich ihrer Kinder nicht erbarme, denn sie sind Hurenkinder; denn ihre Mutter ist eine Hure … (Hosea 2,4)

In der modernen katholischen Einheitsübersetzung heißt es:

„Verklagt eure Mutter, verklagt sie! Denn sie ist nicht meine Frau, und ich bin nicht ihr Mann.“

Und der Kommentar der „Jerusalemer Bibel“ ergänzt:

„Diese Wendungen sind für Mesopotamien als juristische Ehescheidungsformeln bezeugt; wahrscheinlich waren sie ebenso in Israel gebräuchlich.“

Aber trotz aller geistigen Anstrengungen können jüdische und christliche Interpreten doch die Tatsache nicht ignorieren, dass hier eindeutig ein Vater (Gott) gegenüber seinen Kindern (dem Volk Israels) über die Untreue ihrer Mutter klagt und die Brut auffordert gefälligst nicht mehr mit der Untreuen, solidarisch zu sein:

„Heißt sie, ihre Hurerei von ihr wegtun und ihre Ehebrecherei von ihren Brüsten“

schrieb Luther.
Deutlicher noch spricht es die Einheitsübersetzung aus:

„Sie soll von ihrem Gesicht das Dirnenzeichen entfernen/ und von ihren Brüsten die Male des Ehebruchs.“

Im übrigen spiegelte sich in der verzweifelten Anklage Hoseas seine eigene Ehe wider, den diese war — historisch überliefert — eine Leidensgeschichte. Seine Frau soll ihm immer wieder untreu geworden sein. Er beschwor sie, sperrte sie sogar ein, um weitere Treffen mit ihren Liebhabern zu verhindern. Er beschimpfte sie als Hure oder versuchte es mit pädagogischen Strafmaßnahmen:

„Und ich will mich ihrer Kinder nicht erbarmen, denn sie sind Hurenkinder. Ihre Mutter ist eine Hure, und die sie getragen hat, treibt es schändlich und spricht: Ich will meinen Liebhabern nachlaufen, die mir mein Brot und Wasser geben, Wolle und Flachs, Öl und Trank. Darum siehe, ich will ihr den Weg mit Dornen versperren und eine Mauer ziehen, dass sie ihren Pfad nicht finden soll. Und wenn sie ihren Liebhabern nachläuft und sie nicht einholen kann, und wenn sie nach ihnen sucht und sie nicht finden kann, so wird sie sagen: Ich will wieder zu meinem früheren Mann gehen; denn damals ging es mir besser als jetzt.“ (Hos 2, 6ff).

Und da Hosea ein Mann war und als solcher das gleiche Geschlecht wie sein Gott Jahwe hatte, versuchte er seine eigene katastrophale Ehe, in der als Betrogener trotz ihrer Untreue nicht von seiner Geliebten lassen kann, offenbar in einer Art Größenwahn mit jener Beziehung gleichzusetzen, die Jahwe mit Aschera hatte. Und er deutete seine eigene Ehe als Symbol für das Volk Israel, das dem einen, dem einzigen Gott ständig untreu wurde und mehrere Gottheiten verehrte. Allen voran der alten Muttergöttin Aschera, jener selbstbestimmten Göttin, die möglicherweise auch seine eigene Ehefrau inspirierte.

Ob seine selbstherrlichen Vergleiche seiner Frau imponiert hat, ob er sie damit zur ehelichen Treue bewegen konnte, ist nicht überliefert.
Was seine Warnrufe gegen die Göttin angeht, blieb der Prophet Hosea, der Aschera den Scheidebrief Gottes zustellen wollte, ein ziemlicher einsamer Rufer in der Wüste. Die Kinder Israels wollten ihre Mutter nicht verklagen und verstoßen.
Erst König Josia, der von 639-609 über das südliche Hebräer-Königreich Juda herrschte, beseitigte mit einer großen religiösen Reform alle Kulte, die nicht Jahwe huldigten.

Im Falle der großen Muttergöttin musste das den Menschen erklärt werden. Wo war sie also geblieben, die „Ehefrau Gottes“?
Um die Menschen nicht auf die Idee zu bringen, dass sie es Gott gleichtun könnten und sich scheiden zu lassen, waren vor allem Interpretation im Umlauf, Gott sei als Witwer aus dem Babylonischen Exil zurückgekehrt sein.

Die „göttliche Hure“

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Bezeichnungen „Hure“ bzw. „Hurerei“ näher zu beleuchten: Das Wort „Hure“ kommt von Horen – Göttinnen der Ordnung und der Jahreszeiten, in deren Namen auch Tempeltänzerinnen die Zeit und die Jahreszeiten choreographisch darstellten.
Daher darf dieses Wort nie mit allem, was wir mit käuflichem Sex, Rotlichtdistrikt u.ä. verbinden, verglichen werden.

Im biblischen Buch der Könige ist auch von Huren die Rede. Es gibt hier aber keinen Beleg für eine Tätigkeit dieser so bezeichneten Frauen, der sie als Prostituierte aufführt.

Im Gegenteil: Der hebräische Ausdruck „qədešāh“ bedeutet „geweihte (Frau)“, das bezeichnet keine Tempelprostituierte, sondern eine zum kultischen Dienst befähigte Frau.

Hosea erwähnt die Opfertätigkeit der Qedeschen an den Ortsheiligtümern (Hos 4,14).
Nach 2Kön 23,7 hatten die Qedeschen Räume am Jerusalemer Tempel, in denen die Frauen Gewänder für die Göttin Ascherah webten.

Der heilige Hain der Aschera wurde „Athra qaddis“ genannt — dieser repräsentiert das Geburtshaus von allem. Daher war dies auch eine Umschreibung der heiligen Genitalien der Göttin —  ihre Vulva.  „Athra qaddis“ bedeutet übersetzt: die „göttliche Hure“. Ein höchst verehrungswürdiger Ort, aus der alles Leben hervorkommt. Diesen hat die Göttin mit allen Frauen gemeinsam.

Eine Frau oder ein Mädchen sexuell zu vergewaltigen oder auszubeuten, bedeutet in der alten Sprache im übrigen „Frau Erde zu schänden“. Biblisch wurde das verdreht in: «Macht euch die Erde untertan», was inkludiert, dass Männer sich auch die Frauen untertan machen können und diese — sollten sie ihre Sexualität leben, zu „Huren“ degradieren.

Der hebräische Begriff für Mutterschoß (rchm) ist im übrigen wurzelverwandt mit „rchmm“ = Mitgefühl, eine Emotion, die auf Jawhe übertragen wurde.
Dass Jawhe selbst gebiert wird selten erwähnt. Er übernimmt aber Rollen, die in altorientalischen Paralleltexten eine Göttin innehat.
Mütterliches Mitfühlen und Erbarmen sind wichtige Elemente des Gottesbildes in der Bibel und im Koran.
Die einschlägigen Begriffe — hebräisch: rachum, rachamim;arabisch: rachmani, rachimi — sind alle mit „rchm“ = „Mutterschoss“, verwandt.

Als türkise Frau begleitet sie Schiffe

Ascherah wird auch mit dem Meer in Verbindung gebracht, und als Ascherah Yam (Gebieterin des Meeres) bezeichnet. Als „türkise Frau“ begleitet sie die Schiffe und begleitet die Seeleute.

„Asher“ ist das hebräische Wort für „glücklich“.

Ein Relief aus kanaanäischer Stadtstaat Ugarit aus dem 14. Jhdt. v.u.Z. zeigt, wie Aschera von zwei Bergziegen flankiert wird. Diese füttert sie offenbar mit Zweigen aus ihrem heiligen Hain.
Das unterstreicht ihren nährenden Aspekt, den sie auf die gesamte Natur ausbreitet.

Ascherah wurde auch als Löwenfrau mit dem Körper einer Löwin und dem Kopf einer Menschenfrau dargestellt.
Auf Reliefen hält Ascherah oft auch einen Heroldstab, der von Schlangen umschlungen ist.

Fest steht: Ascherah ist seit über 4.000 Jahren bekannt und wurde unter anderem von König Salomon verehrt.
Sie wird in vielen alten Schriften, auch der Bibel erwähnt. So bestätigen jüdisch-kabbalistische Schriften, dass es eine frühe Göttin Namens Shekinah gab, die Ascherah gleichzusetzen ist.

In späteren Zeiten, in der griechischen und römischen Mythologie wurde aus Ascherah vermutlich Astarte. Sie ist auch mit den mesopotanischen Göttinen Ischtar und Inanna gleichzusetzen.

auch: Ashera, Aschera, Ascherah Yam (Gebieterin des Meeres), Asherah, Ašerā, Asirat, Asjesj, ʿAṯiraṯ, Ahera, Aratum, Ashratum, Atharath, Astoreth, Chawah (Urform von: Eva), Elath, Eliat, qaniyatu’ilima (Gottesgebärerin), Qaniyatu Elima, Qudshu, Shekinah,
sumerisch:
 Asjnan  oder Asjratoem  (Kraft aller Dinge)
Ägyptisch: Asjesj (eine alte Form der Isis)

 

Bibelzitate zu Ascherah

2. Mose 34,13
sondern ihr sollt ihre Altäre umstürzen und ihre Gedenksteine zerbrechen und ihre Ascherah-Standbilder ausrotten.
5. Mose 7,5
Vielmehr sollt ihr so mit ihnen verfahren: Ihre Altäre sollt ihr niederreißen, ihre Gedenksteine zerbrechen, ihre Ascherah-Standbilder zerschlagen und ihre Götzenbildnisse mit Feuer verbrennen.
5. Mose 12,3
Und reißt ihre Altäre um und zerbrecht ihre Gedenksteine und verbrennt ihre Ascherah-Standbilder mit Feuer und zerschlagt die geschnitzten Bilder ihrer Götter und rottet ihren Namen aus von jener Stätte.
5. Mose 16,21
Du sollst dir kein Ascherah-Standbild von irgendwelchem Holz aufstellen neben dem Altar des Herrn, deines Gottes, den du dir machen wirst,
Richter 6,25
Und in jener Nacht sprach der Herr zu ihm: Nimm den Stier, der deinem Vater gehört, und zwar den zweiten Stier, der siebenjährig ist, und reiße den Altar des Baal nieder, der deinem Vater gehört, und haue das Ascherah-Standbild um, das dabei ist,
Richter 6,26
… und baue dem Herrn, deinem Gott, oben auf dem Gipfel dieser Bergfeste durch Aufschichtung einen Altar; und nimm den zweiten Stier und opfere ein Brandopfer mit dem Holz des Ascherah-Standbildes, das du umhauen wirst!
Richter 6,28
Als nun die Leute der Stadt am Morgen früh aufstanden, siehe, da war der Altar des Baal niedergerissen und das Ascherah-Standbild dabei umgehauen, und der zweite Stier war als Brandopfer auf dem neuerbauten Altar geopfert worden.
Richter 6,30
Da sprachen die Leute der Stadt zu Joas: Gib deinen Sohn heraus! Er muß sterben, weil er den Altar des Baal niedergerissen und das Ascherah-Standbild daneben umgehauen hat!
1. Könige 14,15
Und der Herr wird Israel schlagen, daß es schwankt wie ein Rohr im Wasser; und er wird Israel ausreißen aus diesem guten Land, das er ihren Vätern gegeben hat, und wird sie zerstreuen jenseits des Stromes [Euphrat], weil sie ihreAscherah-Standbilder gemacht haben, um den Herrn zu erzürnen.
1. Könige 14,23
Denn sie bauten auch Höhen und Gedenksteine und Ascherah-Standbilder auf allen hohen Hügeln und unter allen grünen Bäumen.
1. Könige 15,13
Dazu setzte er auch seine Mutter Maacha ab, so daß sie nicht mehr Gebieterin war, weil sie ein Götzenbild der Ascherah gemacht hatte. Und Asa rottete ihr Götzenbild aus und verbrannte es am Bach Kidron.
1. Könige 16,33
Ahab machte auch ein Ascherah-Standbild, so daß Ahab mehr tat, was den Herrn, den Gott Israels, erzürnte, als alle Könige von Israel, die vor ihm gewesen waren.
1. Könige 18,19
Wohlan, so sende nun hin und versammle zu mir ganz Israel auf den Berg Karmel, dazu die 450 Propheten des Baal und die 400 Propheten der Ascherah, die am Tisch der Isebel essen!
2. Könige 13,6
Dennoch ließen sie nicht von den Sünden, zu denen das Haus Jerobeams Israel verführt hatte, sondern wandelten darin. Auch blieb das Ascherah-Standbild in Samaria stehen.
2. Könige 17,10
… und sie errichteten sich Gedenksteine und Ascherah-Standbilder auf allen hohen Hügeln und unter allen grünen Bäumen,
2. Könige 17,16
Und sie verließen alle Gebote des Herrn, ihres Gottes, und machten sich Bilder, zwei gegossene Kälber, und machten ein Ascherah-Standbild und beteten das ganze Heer des Himmels an und dienten dem Baal.
2. Könige 18,4
Er schaffte die Höhen ab und zerbrach die Steinmale und hieb die Ascherah-Standbilder um und zertrümmerte die eherne Schlange, die Mose gemacht hatte; denn bis zu dieser Zeit hatten die Kinder Israels ihr geräuchert, und man nannte sie Nechuschtan.
2. Könige 21,3
Er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia zerstört hatte, und errichtete dem Baal Altäre und machte ein Ascherah-Standbild, wie es Ahab, der König von Israel, getan hatte, und er betete das ganze Heer des Himmels an und diente ihnen.
2. Könige 21,7
Er setzte auch das Standbild der Ascherah, das er gemacht hatte, in das Haus, von dem der Herr zu David und zu seinem Sohn Salomo gesagt hatte: »In diesem Haus und in Jerusalem, das ich aus allen Stämmen Israels erwählt habe, will ich meinen Namen wohnen lassen ewiglich,
2. Könige 23,4
Und der König gebot dem Hohenpriester Hilkija und den Priestern der zweiten Ordnung und den Hütern der Schwelle, daß sie aus der Tempelhalle des Herrn alle Geräte entfernen sollten, die man dem Baal und der Ascherah und dem ganzen Heer des Himmels gemacht hatte; und er verbrannte sie draußen vor Jerusalem, auf den Feldern des [Tales] Kidron, und brachte ihren Staub nach Bethel.
2. Könige 23,6
Er ließ auch das Ascherah-Standbild aus dem Haus des Herrn hinausbringen außerhalb von Jerusalem, ins Tal Kidron, und er verbrannte es im Tal Kidron und zermalmte es zu Staub und warf seinen Staub auf die Gräber des gewöhnlichen Volkes.
2. Könige 23,7
Und er brach die Häuser der Tempelhurer ab, die am Haus des Herrn waren, in denen die Frauen für die Ascherah Zelttempel wirkten.
2. Könige 23,14
Und er zerbrach die Gedenksteine und hieb die Ascherah-Standbilder um und füllte ihren Platz mit Menschengebeinen.
2. Könige 23,15
Ebenso auch den Altar von Bethel und die Höhe, die Jerobeam erbaut hatte, der Sohn Nebats, der Israel zur Sünde verführte: auch diesen Altar und die Höhe brach er ab; und er verbrannte die Höhe und zermalmte sie zu Staub und verbrannte das Ascherah-Standbild.
2. Chronik 14,2
Denn er entfernte die fremden Altäre und die Höhen und zerbrach die Gedenksteine und hieb die Ascherah-Standbilder um;
2. Chronik 15,16
Auch setzte der König Asa seine Mutter Maacha ab, daß sie nicht mehr Gebieterin war, weil sie der Ascherah ein Götzenbild gemacht hatte. Und Asa hieb das Götzenbild um und zermalmte es und verbrannte es im Tal Kidron.
2. Chronik 17,6
Und da sein Herz in den Wegen des Herrn mutig wurde, tat er auch noch die Höhen und die Ascherah-Standbilder aus Juda hinweg.
2. Chronik 19,3
Dennoch ist etwas Gu
tes an dir gefunden worden, weil du die Ascherah-Standbilder aus dem Land ausgerottet und dein Herz darauf gerichtet hast, Gott zu suchen.«
2. Chronik 24,18
Und sie verließen das Haus des Herrn, des Gottes ihrer Väter, und dienten den Ascherah-Standbildern und Götzenbildern. Da kam ein Zorngericht über Juda und Jerusalem um dieser ihrer Schuld willen.
2. Chronik 31,1
Und als dies alles zu Ende war, zogen alle Israeliten, die sich eingefunden hatten, hinaus zu den Städten Judas, und sie zerbrachen die Gedenksteine und hieben die Ascherah-Standbilder um und zerstörten die Höhen und die Altäre in ganz Juda und Benjamin, Ephraim und Manasse, bis sie diese vollständig ausgetilgt hatten. Danach kehrten alle Kinder Israels wieder zu ihrem Besitztum, in ihre Städte zurück.
2. Chronik 33,3
Er baute die Höhen wieder auf, die sein Vater Hiskia abgebrochen hatte, und errichtete den Baalen Altäre und machte Ascherah-Standbilder und betete das ganze Heer des Himmels an und diente ihnen.
2. Chronik 33,19
Sein Gebet, und wie sich [Gott] von ihm hat erbitten lassen, und alle seine Sünde und seine Treulosigkeit und die Stätten, wo er die Höhen baute und Ascherah-Standbilder und Götzenbilder aufstellte, ehe er gedemütigt wurde, siehe, das ist beschrieben im Geschichtsbuch Hosais.
2. Chronik 34,3
Denn im achten Jahr seiner Königsherrschaft, als er noch ein Knabe war, fing er an, den Gott seines Vaters David zu suchen; und im zwölften Jahr fing er an, Juda und Jerusalem von den Höhen und den Ascherah-Standbildern und den geschnitzten und gegossenen Bildern zu reinigen.
2. Chronik 34,4
Und man brach in seiner Gegenwart die Altäre der Baale ab; und er hieb die Sonnensäulen um, die oben auf ihnen standen, und die Ascherah-Standbilder und die geschnitzten und gegossenen Bilder zerbrach er und machte sie zu Staub und streute sie auf die Gräber derer, die ihnen geopfert hatten;
2. Chronik 34,7
Und als er die Altäre und die Ascherah-Standbilder abgebrochen und die geschnitzten Bilder zu Staub zermalmt und alle Sonnensäulen im ganzen Land Israel abgehauen hatte, kehrte er wieder nach Jerusalem zurück.
Jesaja 17,8
Und er wird nicht auf die Altäre schauen, das Werk seiner Hände, und wird nicht mehr nach dem blicken, was seine Finger gemacht haben, nach den Ascherah-Standbildern und Sonnensäulen.
Jesaja 27,9
Darum wird Jakobs Schuld dadurch gesühnt. Und das wird die volle Frucht der Hinwegnahme seiner Sünde sein, daß er alle Altarsteine gleich zerschlagenen Kalksteinen macht und keine Ascherah-Standbilder und Sonnensäulen mehr aufrichtet.
Micha 5,13
Dazu will ich die Ascherah-Standbilder in deiner Mitte vertilgen und deine Städte verwüsten.

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