Nach dem Schöpfungsakt wanderte die schlangenbeinige Göttin Nüwa über die Erde. Sie meinte, dass irgend etwas noch fehlt und beschloss daher, die Welt zu verbessern, sie mit mehr Leben zu erfüllen und überlegte, wie sie der Welt Dinge mit größerer Vitalität hinzufügen können.
Die Menschen-Schafferin
Nach dem chinesischen Schöpfungsmythos erschuf entweder Pangu, ein Wesen aus dem kosmischen Prinzip Yin und Yang die Welt oder die Göttin Nüwa mit ihrer Schlangenkraft selbst.
Wer es auch immer war, gleich nach dem Schöpfungsakt wanderte die schlangenbeinige Göttin Nüwa über die Erde.
Obwohl es bereits Berge, Flüsse, Gräser, Bäume sowie Vögel, Tiere, Insekten und Fische vorhanden waren, fühlte sich Nüwa einsam und verlassen. Fauna und Flora auf der Erde gefielen Nüwa zwar sehr. Allerdings meinte sie, dass irgend etwas noch fehlt. Sie beschloss daher, die Welt zu verbessern, sie mit mehr Leben zu erfüllen und überlegte, wie sie der Welt Dinge mit größerer Vitalität hinzufügen können.
Auf ihrem Spaziergang über die Erde ging Nüwa am Gelben Fluss entlang und entdeckte plötzlich ihr Spiegelbild im Wasser. Sie war erfreut, sah sie sich doch zum ersten Mal. Sie beschloss, mit dem gelben Lehm aus dem Flussbett Figuren nach ihrer eigenen Gestalt zu formen.
Kurz danach hatte sie mehrere solcher Figuren fertiggestellt. Diese sahen fast aus wie sie selbst, allerdings versah Nüwa die Geschöpfe mit Beinen statt eines Schlangenschwanzes. Nüwa pustete die Figuren an, und so wurde ihnen Leben eingehaucht. Die Figuren wurden zu kleinen, intelligenten und geschickten, lebendigen Wesen, die gehen und sprechen konnten. Nüwa nannte sie „Ren“, also „Mensch“.
Yangqi und Yinqi
In manche Ren schüttete Nüwa Yangqi ein, das kämpferische maskuline Element, und sie wurden zu Männern. In andere Ren füllte die Göttin Yinqi ein, das sanftmütige feminine Element, und sie wurden zu Frauen.
Die Männer und Frauen hüpften und jubelten um Nüwa herum und brachten der Erde Vitalität. Nüwa wollte, dass die Menschen auf der ganzen Erde verbreitet werden sollten. Allerdings war sie ziemlich erschöpft und formte die Figuren nur noch ganz langsam.
So dachte sie sich eine einfache Methode aus. Sie legte einen Strohseil in den Schlamm des Flussbettes und drehte es, bis ein ganzer Teil des Seils vom Schlamm eingewickelt war. Dann hob Nüwa den Strohseil auf und schwang ihn Richtung Boden.
Zahlreiche kleine Schlammtropfen fielen auf den Boden und wurden so zu Menschen. Durch diese Methode schuf die Göttin unzählig viele Menschen und verteilte sie auf der ganzen Welt.
Erfand die Paarung
Nun gab es also Menschen. Allerdings dachte Nüwa nun darüber nach, wie sich diese weiter vermehren konnten, ohne dass sie selbst dauernd basteln musste.
So erfand sie die Paarung zwischen Männer und Frauen, damit sie sich fortpflanzen konnten. Und das war ein derart gelungener Einfall, dass die Menschheit sich heute noch auf diese Weise vermehrt und von Tag zu Tag zu nimmt.
Damit die Menschen außer der Paarung noch weitere Freude empfinden können, soll Nüwa auch die Musik, vor allem die Flöte erfunden haben, die mit dem Atem, dem Hauch des Lebens gespielt wird, den Nüwa den Menschen vor ihrem ersten Atemzug gibt.
Das Große Chaos des Universums
Nach der Schöpfung der Menschheit durch die Göttin Nüwa war die Welt eine Zeit lang ganz friedlich und ruhig. Doch eines Tages kam es plötzlich zu einer großen Kollision zwischen dem Himmel und der Erde. Dieses Ereignis wird von den Hopei und Shansi Völker im Norden Chinas das „Große Chaos des Universums“ genannt.
Ein Kampf der anderen Gottheiten, bei dem der Dämon Gong Gong mit seinem Kopf gegen den nordwestlichen Pfeiler des Himmels stieß, verursachte einen großen Riss quer über den Himmel. Die Erde barst in Folge und sank ein. Flammen brachen vom Erdmittel aus und verbrannten zahlreiche Wälder. Hochwasser sprühte aus dem Boden des Abgrunds und spülte die Berge weg. Dämonen und Gespenster sowie Raubtiere bzw. -vögel unternahmen skrupellose Verfolgungen und Massaker.
Die Menschheit geriet in Not und Elend. Sofort eilte die Göttin Nüwa zur Rettung der Menschheit, ihren Geschöpfen. Zuerst tötete sie alle Dämonen, Gespenster und Raubtiere. Dann regulierte sie die Überschwemmung.
Anschließend begann sie mit der großen Aufgabe – der Ausbesserung des Himmels.
Die Reparatur des Himmels
Nüwa sammelte Brennholz von allen Landesteilen und legte es auf dem Boden so hoch, dass bis an den Riss des Himmels reichte. Dann suchte sie Steine, deren Farbe gleich wie der blaue Himmel war. Weil sie nicht genügend blaue Steine finden konnte, sammelte sie auch weiße, gelbe, rote und schwarze Steine und stapelte sie neben dem Brennholz auf, sodass der erste Regenbogen entstand.
Dann zündete Nüwa das Brennholz mit einem großen Baum an, und das Feuer erleuchtete den ganzen Weltraum. Die Steine in den fünf Farben (die möglicherweise auch fünf Erze oder Metalle waren) wurden auch ganz rot gebrannt, verschmolzen miteinander zu einem sehr haltbaren Material und flossen allmählich wie Sirup in den Himmelsriss. Als das Brennholz fast ausgebrannt war, war der Riss des Himmels geschlossen.
Die große kosmische Ordnung
Nun ersetzte sie die Säulen des Himmels, die bei dem Himmelsriss eingestürzt waren, mit den Beinen der großen Schildkröte. Diese erweisen sich als wesentlich tragfähiger. Gleichzeitig erschuf sie damit die vier Himmelsrichtungen. Diese Reparaturen ermöglichten dem Regen, bei Bedarf zu fallen und den Jahreszeiten in der richtigen Reihenfolge zu erscheinen. Auf den neuen Himmelssäulen aus den Schildkrötenbeinen postierte sie Drachen, die den Lauf von Sonne und Mond überwachen.
Nüwa wird immer wieder mit einem Kompass dargestellt, den sie an ihrer Taille trägt. Dieser symbolisiert die große kosmische Ordnung, die sie auf der Erde wieder hergestellt hat. Daher wird die Göttin auch immer wieder gerufen, wenn Menschen Ordnung in ihr Leben bringen wollen.
Damit sich die Menschen fortan selbst vor Naturkatastrophen schützen können, unterrichtete sie diese auch im Bau von Dämmen und Kanälen zur Bewässerung. Obwohl der Himmel und die Erde nun von Nüwa ausgebessert war, konnte sie deren ursprüngliche Formen nicht wieder zur Gänze herstellen. Da eine der Himmelssäulen niedriger war, neigte sich der Himmel ein bisschen nach Nordwesten, sodass die Sonne und der Mond im Laufe des Tages immer wieder dorthin liefen.
Im Südosten der Erde gab es eine große tiefe Grube. Das Wasser aller Flüsse floss dorthin, sammelte sich und bildete Seen. Dies ist die Erklärung dafür, dass die chinesischen Flüsse vorwiegend nach Südosten fließen.
Nüwa und ihr Bruder
Man erzählt sich, dass der Baum des Lebens und sieben Sonnen aus der Göttin wachsen sollen. Ihre beiden heiligen Tiere sind die Krähe des Todes als Symbol der Sonne sowie die Kröte der Wiedergeburt als Symbol des Mondes.
Nüwa hat einen Bruder, den Gott Fuxi, der mit einem Fischschwanz dargestellt, während sie ja einen Schlangen- bzw. Drachenschwanz hatte. Beide zusammen gelten als „ErfinderInnen“ der Ehe.
Sie waren ursprünglich die einzigen Wesen und wollten nicht heiraten, weil sie keinen Inzest begehen wollten, aber ein Orakel mit zwei Rauchwolken, die sich in der Luft vereinten, sahen sie als Zeichen, dass sie einander heiraten sollten.
Noch immer gilt Nüwa als Mittlerin zwischen Frauen und Männern. Sie ist es auch, die Kinder „bewilligt“ und ihnen bei der Geburt das Leben einhaucht.
Daher wird Nüwa auch bei Streit, Beziehungs- und Eheproblemen und bei Kinderwunsch angebetet.
auch: Nü Wa, Nü Gua