Psyche – Göttin bzw. Personifikation der menschlichen Seele in der griechischen Mythologie

Das griechische Wort „Psyche“ bedeutet sowohl Seele als auch Schmetterling. Psyche wird daher oft als „Seelenvogel“ mit Schmetterlingsflügeln bezeichnet. Ursprünglich bedeutet das Wort Psyche „Atem“ oder „Atem-Hauch“.

Seelenvogel mit Schmetterlingsflügeln

Der Mythos um die Figur der Psyche erzählt von drei außergewöhnlich schönen Prinzessinnen. Die allerschönste von ihnen ist Psyche. Sie soll so überirdisch schön gewesen sein, dass sie selbst Aphrodite, die Göttin der Schönheit und der Liebe in den Schatten stellte.

Diese hörte davon und schien zu befürchten, dass die Menschen beginnen würden, die sterbliche Psyche mehr zu verehren als sie selbst. Daher soll Aphrodite einen Plan ausgeheckt haben. Sie beauftragte ihren Sohn Eros, einen Zauber über Psyche zu werfen. So besprüht er die schlafende Psyche mit einem Zaubertrank, der einen Bann über sie werfen sollte: Immer, wenn es zu einer Hochzeit zwischen ihr und einem Mann kommen sollte, sollte dieser sogleich das Weite suchen.

Aus einem Versehen, stach sich Eros bei der Durchführung des Zaubers selbst mit einem seiner Pfeile. Vermutlich war er bereits von Psyches Schönheit und ihrem Liebreiz so angetan, dass er deswegen ungeschickt und unaufmerksam wurde. Es war also um ihn geschehen. Um den ersten Zauber ungeschehen zu machen, besprenkelte er sie mit einem weiteren Zaubertrank, der garantieren sollte, dass sie nur Freude im Leben haben solle.

Es gab da aber ein Orakel des Gottes Apollon, das besagte, dass, wenn kein Mann Psyche heiraten wolle, sie einen Dämon von der Bergspitze zum Mann nehmen solle.

Eros und Psyche

Der göttliche Eros durfte sich der sterblichen Psyche nicht zeigen, geschweige, offiziell um ihre Hand anhalten. Der königliche Vater wird ob der Ehelosigkeit seiner Tochter zunehmend unruhig: Daher folgte er dem Orakel und schickte sie, ein Brautkleid tragend, an eine einsame Bergspitze, wo sie einen furchtbaren Dämon heiraten soll.

Auf Anweisung des Eros entführte sie am Weg zur Bergspitze der Herr der Winde Zephyr, der selbst der überirdischen Schönheit Psyches erliegt, in ein märchenhaftes Schloss. In diesem Schloss sucht sie Eros, den sie für den ihr bestimmten Ehemann hält, Nacht für Nacht auf. Sie kann in Dunkelheit zwar nie seine Gesichtszüge erkennen, spürt jedoch die Zärtlichkeit seinen Berührungen, hört die Sanftheit in seiner Stimme und seinen Worten. Alles in allem ist er ein wunderbarer Liebhaber, kein Wunder, er ist ja Eros selbst. Vor Tagesanbruch verschwindet er jedoch immer und so bekommt ihn Psyche nie zu Gesicht.

Psyche genießt die Nächte mit ihrem Gemahl, der ihre tiefsten Wünsche und Sehnsüchte zu erfüllen vermag. Tagsüber wird sie aber zunehmend einsam in ihrem Schloss. Daher lädt sie ihre beiden Schwestern ein. Eros warnt sie, dass sie sich nicht von ihnen verleiten lassen dürfe, herauszufinden, wer er sei. Die Schwestern sind zuerst froh, Psyche wohlbehalten vorzufinden. Sehr schnell werden sie aber neidig über ihren Wohlstand.

Bei einem weiteren Besuch gelingt es ihnen, Psyche davon zu überzeugen, dass sie ein schreckliches Monster geheiratet haben muss, das ihr offenbar wegen seiner furchtbaren Gestalt nie bei Tageslicht gegenübertrete. Darüber hinaus solle es Schwangere verschlingen. Aus Angst um ihr ungeborenes Kind und um sich selbst befolgt sie einen Rat ihrer Schwestern. Sie wartet in dieser Nacht auf ihren Mann mit einer Öllampe und einem Messer, um gegebenenfalls das Ungeheuer zu töten. Natürlich erblickt sie keinen Dämon, als sie ihren Geliebten ins Gesicht leuchtet, sondern die wunderbare Gestalt des geflügelten Eros.

Psyche ist vor Entzücken über die Schönheit des göttlichen Geliebten so überwältigt, dass sie taumelt und das Gleichgewicht verliert. Dabei verletzt sie sich an einem seiner Pfeile. Waren es für sie bislang seine Worte und Berührungen, das Gefühl von ihm geliebt zu werden, was Psyche so fasziniert hat, so verliebt sich Psyche in Eros erst jetzt – nachdem sie ihn auch gesehen hat – aktiv und unsterblich. Dieser allerdings fühlt sich betrogen und fühlt sich in die Enge getrieben. Schließlich darf er sich als Gott einer Sterblichen nicht zeigen. Er läuft zum Fenster und fliegt davon. Psyche springt ihm nach, fällt aus dem Fenster und bleibt besinnungslos liegen.

Als sie erwacht findet sie sich einsam und verlassen in einer schrecklichen Einöde wieder. Zunächst will sie sich das Leben nehmen, doch dann durchwandert sie auf der Suche nach ihrem verlorenen Geliebten die ganze Welt.

Die Prüfungen der Aphrodite

Dabei kommt sie zum Tempel der Aphrodite, der Mutter von Eros, um deren Hilfe sie bitten. Sie erhält von Aphrodite eine Reihe an lebensgefährliche Aufgaben von der die Göttin überzeugt ist, dass Psyche sie nicht bewältigen wird können. Als erste Aufgabe muss sie einen Berg aus verschiedensten Getreidekörner in kleine Häufchen nach Getreideart zu sortieren. Als Psyche diesen Getreideberg sieht, ist sie verzweifelt.

Eros, der immer ein wachendes Auge über sie hat, beauftragt Ameisen, die diese Aufgabe erledigen. Die nächste Aufgabe der Aphrodite war, ihr von jedem Schaf der göttlichen Schafherde, die an einem Fluss weidete, eine Locke des goldenen Fells zu bringen. Hier kam ihr der Flussgott zur Hilfe, der Psyche riet, darauf zu warten, bis die Schafe in der Mittagssonne schlafen, dann würden sie Psyche nicht angreifen. Damit bewältigte sie auch diese Aufgabe. Dann musste Psyche Wasser aus dem Fluss Styx schöpfen und zwar genau von jener Stelle, wo er als Wasserfall aus großer Höher herab fällt.

Hier kommt ihr ein Adler zur Hilfe, der hoch hinauf fliegt und für sie den Becher füllt, den sie dann zu Aphrodite bringen kann. Schließlich musste sie in die Unterwelt zu Persephone gehen und diese um einen Tiegel magischer Schönheitssalbe bitten. Der Zugang zur Unterwelt ist allerdings allen Lebenden verwehrt.

An dieser Stelle ist Psyche schließlich so verzweifelt, dass sie plante dem ganzen ein Ende zu setzen, indem sie sich von einem Felsen stürzen wollte. Doch eine Stimme befahl ihr, dies nicht zu tun, sie sollte vielmehr den Anweisungen dieser Stimme folgen, dann käme sie heil durch die Unterwelt und aus dieser wieder heraus. Auf keinen Fall dürfe sie in den magischen Tiegel hineinschauen. Psyche konnte der Versuchung allerdings nicht widerstehen und öffnete den Tiegel. Sie fand darin nichts als eine große schwarze Leere. Diese versetzte sie sofort in tiefen, todesähnlichen Schlaf. Eros, der das Treiben die ganze Zeit beobachtet hatte, eilt nun zur Rettung.

Da er Psyche immer noch liebt, scheucht er mit seinen Flügeln ihren Schlaf wieder in das Kästchen zurück. Während Psyche das Kästchen abliefert, fliegt er zu Zeus und erlangt die Erlaubnis, Psyche zu heiraten. Der oberste Gott – gerührt von der großen Liebe – lässt Psyche einen Schluck Ambrosia trinken, die sie unsterblich und damit zur Göttin macht. Sie bekommen
eine wunderschöne Tochter, welche den Namen Hedone erhält. Diese ist die Göttin der Freude, des Vergnügens, der Glückseligkeit und der Lust.

Atemfluss und Seelenleben

Das griechische Wort „Psyche“ bedeutet sowohl Seele als auch Schmetterling. Psyche wird daher oft als „Seelenvogel“ mit Schmetterlingsflügeln bezeichnet. Ursprünglich bedeutet das Wort Psyche „Atem“ oder „Atem-Hauch“ (von ψύχω ich atme, hauche, blase, lebe).

Damit ist die enge und untrennbare Verbindung zwischen dem Atemfluss und dem Seelenleben bereits angedeutet. Nun lässt dieser Psyche-Mythos eine Reihe von Interpretationen zu. Psyche als Inbegriff der Seele muss viele Prüfungen durchwandern, um letztendlich zur Unsterblichkeit zu gelangen. Was ihr dabei immer Unterstützung gibt, ist die Liebe (Eros), der im Hintergrund auf sie schaut und ihr unterstützende und hilfreiche Energien zur Verfügung stellt.

Interessant ist auch, dass die junge Frau von einer älteren, mächtigeren (in dem Fall Aphrodite) durch diese Prüfungen wie durch eine Initiation geführt wird. Schließlich muss sich Psyche zu allerletzt auch noch dem Tod (in Form ihres Ganges durch die Unterwelt) stellen. Wie so oft findet dieser Mythos um zwei Göttinnen auch eine Entsprechung im Märchen. Es erinnert in vielen Zügen an Schneewittchen, die auch durch die ältere Königin geprüft wird, Helfer (in dem Fall Zwerge) an ihrer Seite hat und schließlich auch durch ein (Nah-)Tod-Erlebnis gehen muss.

Die junge Frau reift durch diesen Prozess heran, so wie auch die Psyche der Menschen gerade durch Schwierigkeiten im Leben reifer wird. Schließlich offenbart sich auch die Gesetzmäßigkeiten von Liebe und Partnerschaft in diesem Mythos.

Sehen und Gesehenwerden

Von Anfang an von entscheidender Bedeutung für die Entstehung der Liebe zwischen Psyche und Eros ist „Sehen und Gesehenwerden“. Ihren wunderbaren, göttlichen, unsterblichen Liebhaber erlebt Psyche nur bei Nacht.

Die Nacht und das Nicht-Sehen und auch Nicht-Sehen-Dürfen können als Ausdruck für das Unbewusste ausgelegt werden. Anders ausgedrückt: Die Seele ist sich ihres göttlichen Liebhabers und Beschützers nicht bewusst. Sie akzeptiert ihren Liebhaber vor allem, weil sie sich geliebt fühlt, aber sie selbst liebt ihn noch nicht aktiv. Damit es dazu kommen kann, muss sie ihn bei Licht gesehen haben. Damit die Seele ihre Liebe erwidern kann, muss die im Unbewussten wirkende göttliche Kraft ins Bewusstsein kommen, Treibende Kraft für diese Bewusstwerdung sind aber Argwohn und Zweifel.

Sie sind das im Orakel-Spruch prophezeihte Ungeheuer, dessen Beute Psyche wird. Dem denkenden Menschen reicht die glückliche Erfahrung nicht, Psyche will sich eine Vorstellung, ein Bild machen von dem, was ihr geschieht. Und so bricht sie ihr Versprechen. Sie will nicht länger nur unbewusst genießen, sie setzt alles auf´s Spiel, um Bewusstheit zu erlangen.

Wie oft kommt es in einer sich anbahnenden Liebesbeziehung vor, dass ein Mann eine Frau begehrt und wenn diese ihn dann „erhört“ und sich ihrerseits in ihn verliebt, er gehörig Muffensausen bekommt und auf und davon fliegt (das kann natürlich auch im umgekehrten Fall so sein, dass die Frau flüchtet, wenn ihr Angebeter sich ihr endlich zuwendet).

 

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