Rigani – Gallische Muttergöttin Himmels- und Erdmutter und Gebieterin der Anderswelt

Rigani ist das festländisches Gegenstück zu inselkeltischen Muttergöttinnen wie Brigid, Epona, Rhiannon oder Sul. Sie ist zuständig für das Wohl alles Lebenden, vor allem auch für jenes von der Gesellschaft Ausgestoßenen.

Wohl alles Lebenden

 

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Rigani ist das festländisches Gegenstück zu inselkeltischen Muttergöttinnen wie Brigid, Epona, Rhiannon oder Sul.

Sie ist zuständig für das Wohl alles Lebenden, vor allem auch für jenes von der Gesellschaft Ausgestoßenen.

Sie hilft allen, die zu Unrecht angeklagt oder mit zu vielen Pflichten überhäuft wurden. Sie hält schützend ihre segnenden Hände über die Reichtümer der Erde und verteilt auch den Reichtum.

Darüber hinaus ist sie die Göttin der Kunst und den Handels, wodurch sie von KünstlerInnen und HändlerInnen ganz besonders verehrt wird, die die Göttin darum bitten, sie bei der Verteilung des Reichtums zu bedenken.
Ihr heiliges Tier ist die Eule, weshalb man sie zuweilen auch als „Eulengöttin“ bezeichnet.

Mütterlich weich oder hoheitsvoll streng

Rigani wird mit zwei verschiedenen Charakterzügen dargestellt: Einerseits kennt man sie mit weichen, mütterlichen Gesichtszügen, den Bauch, wie bei einer Schwangerschaft leicht gerundet. Ihr Blick ist schützend und strahlt viel Wärme aus und sie ist immer in Begleitung einer kleinen, zierlichen Eule.

Andererseits wird sie mit harter, strenger Miene, hoheitsvoll und fast abwesend blickend als Göttin des Krieges dargestellt. Dann ist eine mächtige, große Eule ihre Weggefährtin.

Der Kessel von Gundestrup

Rigani ist eine jener Göttinnen, die den Kreislauf des Jahres und der Natur durch den Gang in die Unterwelt und den Aufstieg von derselben versinnbildlichen.

Der berühmte Kessel von Gundestrup, der Rigani mit ihren zwei Gatten bzw. Liebhabern zeigt, gibt gut ihren Mythos wider:
Die Göttin verlässt alljährlich in der Nacht von 24. zum 25. Dezember mit zwei Begleiterinnen als Triade ihren Gatten, den Himmelsgott Taranis und sucht den Unterweltgott Esus auf. Damit erlischt scheinbar endgültig alles Leben und alle Fruchtbarkeit von der Erde. Voller Eifersucht schickt ihr der wütende Himmelsgott darauf ein wolfsartiges Ungeheuer hinterher, das sie verschlingen soll.

Doch Smertulus, ein Jäger und Helfer des Esus, erwürgt das Untier. Darauf schickt Taranis einen zweiten, etwas kleineren Wolfshund, dem es gelingt, Rigani und ihre beiden Begleiterinnen in Kraniche zu verwandeln. Da mischt sich nun Teutates ein, der seine Krieger rüsten lässt und vermutlich selbst ein Menschenopfer in einen Kessel taucht. Doch braucht es zusätzlich noch das Opfer eines Stieres, um Rigani aus der Unterwelt zurück zu holen. All das dauert drei bis vier Monate.

Danach – spätestens im Sternzeichen des Stieres steigt Rigani wieder aus der Unterwelt herauf. Nachdem sie mit dem Gott der Unterwelt Hochzeit gehalten hat, sprießen aus dieser die ersten zarten Triebe und der Erneuerung der befruchtenden Naturkräfte steht nichts mehr im Wege.

Das gemeinsame Glück ist jedoch nur von kurzer Dauer, denn schon bald kehrt Rigani zu ihrem Gatten Taranis in den Himmel zurück, während Esus erneut in der Unterwelt auf sie wartet. Damit ist Rigani auch eine Göttin für alle jene Frauen, die selbstständig ihrer Wege gehen und sich mehrere Liebhaber aussuchen bzw. zu jeder Jahreszeit wechseln.

Die Landesgöttin von der Schweiz und Österreich

Besonders heimisch ist Rigani in der Schweiz. Im schweizerischen Wallis wurde Rigani in ihrer Eigenschaft als Himmelsgöttin mit einem Rad dargestellt und als Cartismerta angerufen. Die Göttin stand direkt an Taranis Seite, der von den RömerInnen bereits als Jupiter verehrt wurde und war absolut gleichberechtigt. Deshalb wird in Rigani vermutlich auch oft die ihre Himmelsgöttin Juno gesehen.

Rigani ist auch eine Berggöttin – manifestiert in der Rigi, dem Bergmassiv zwischen dem Vierwaldstättersee, dem Zugersee und dem Lauerzersee in der Zentralschweiz, es wird die „Königin der Berge“ genannt.
Dort befindet sich auch eine sehr alte Kultstätte der Rigani – heute als Rigi Kaltbad bezeichnet. Es liegt in einem Felsenkessel, den man nur durch ein gewaltiges Felsentor erreicht – einer Vulva aus Nagelfluhblöcken. Dahinter befindet sich die kalte Quelle und eine 1556 erbaute Felsenkapelle. Früher war diese Kapelle ein beliebter Wallfahrtsort, denn hier entspringt die Drei-Schwestern-Quelle, die an die Göttinnen-Trinität erinnert. Die Gegend am Südabhang der Rigi soll schon in der Altsteinzeit besiedelt worden und somit die älteste bekannte Niederlassung der Menschen im Gebiete der Zentralschweiz sein.

Später wurde Rigani auch Isis Noreia genannt. Damit ist sie vermutlich auch die Landesgöttin Österreichs Noreia

In gewisser Weise wird die Große Göttin (Große Mutter) auch heute noch verehrt, etwa als Magna Mater Austriae in Mariazell am Platz einer alten Kultstätte der Göttin, zu der sogar das Oberhaupt der katholischen Kirche pilgerte.

Bemerkenswert ist ja auch der Abstieg der Göttin in die Unterwelt in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, just in der „Nacht der Mütter“, der „Heiligen Nacht“. Eine Auslegung der Legende sagt, dass sie nicht ihren Liebhaber, sondern ihren Sohn sucht (spannend die Namensähnlichkeit Esus und Jesus). Er sei in einen Unterweltsgott verwandelt worden und sie will ihn wieder in Menschengestalt zurück bringen, zu neuem irdischen Leben zu erwecken …

Sinnbild von Frauen im öffentlichen Leben

Bevor die römisch-katholische Kirche ihren Glaubensfeldzug antrat, waren Frauen bei den KeltInnen in allen wichtigen Stellungen stimmengleich vertreten. Sie nahmen am öffentlichen Leben ebenso wie an Kämpfen teil.

Rigani wird daher auch als Kriegsgöttin verehrt, die den Lebenden und Toten, dem kämpfenden Volk in der Schlacht beisteht. Um Rigani gab es einen sehr lebendigen Matronen-Kult von dem noch immer Weihesteine zeugen.

Anfangs billigten bzw. übernahmen die einfallenden Krieger des Römischen Reiches die rituelle Mütterverehrung der KeltInnen.
Als die Verehrung der Mütter und Hebammen als heidnische Blasphemie schließlich dem Klerus zum Opfer fiel, lebten die wachstumsfördernden Kräfte der Naturgöttin in von Rigani beschützten Feen weiter, deren Segnungen sich vor allem die Landbevölkerung weiterhin durch kleine Weihegaben zu versichern sucht.  

auch: Rigantona

 

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