Kunapipi wird von den Alawa im Arnhem-Land verehrt. Sie ist die große Regenbogenschlange, die Ewig-Schwangere, eine Erdgöttin. Sie gilt als die Urmutter die seit Anbeginn der Schöpfung — von den Aborigines Dreamtime genannt — existiert.
Die Ewig-Schwangere
Kunapipi wird von den Alawa im Arnhem-Land verehrt. Sie ist die große Regenbogenschlange, die Ewig-Schwangere, eine Erdgöttin.
Auch, wenn die australischen UreinwohnerInnen — die Aborigines — viele unterschiedliche religiöse Kulte leben, so haben die meisten eines gemein: den Glauben an die Regenbogenschlange Kunapipi.
Die Regenbogenschlange ist eines der ältesten spirituellen Symbole, das wir auf der Erde kennen. Man hat Darstellungen gefunden, die 8.000 Jahre alt sind. Oft ist die Regenbogenschlange eine Mischung aus verschiedenen Tieren: mit dem Kopf eines Känguruhs, dem Körper einer Phyton und dem Schwanz eines Krokodils
Sie gilt als die Urmutter die seit Anbeginn der Schöpfung — von den Aborigines „Traumzeit“ genannt — existiert.
Während der Ur-Zeit gebar sie die Frauen und Männern sowie die meisten Tiere und Pflanzen. Darüber hinaus ist sie die bedeutendsten Schöpfungsgöttin von den so wichtigen tiefen Gewässern. Mit ihrem Körper in Form der Regenbogenschlange grub Kunapipi am Anfang der Zeit Seen, Flüsse und Wasserlöcher in die Erde.
Der Mythos erzählt, dass sie über das Meer gekommen ist und die Ahninnen und Ahnen mitgebracht hat. Als erstes zog sie über das Land die Linien der Traumzeit, später lehrte sie die Menschen, diese Linien zu sehen, die immer noch in den Liedern besungen werden. Immer noch folgen die Menschen diesen Linien, um zu den heiligen Plätzen ihres Körpers zu kommen, der die Mutter-Erde ist.
Die „Traum-Geschichten“, die in Sprache, Gesang und Tanz immer noch weitergegeben wird, bilden auch die Regeln des Zusammenlebens.
Begegnung mit der Zwillings-Seele
Jeder Mensch der australischen Urbevölkerung geht einmal im Leben in eine der heiligen Höhlen, schlüpft also in den Körper der Erdmutter, um ihren Gesang zu vernehmen. Sie macht die Menschen bei dieser Initiation mit ihrer „Zwillings-Seele“ bekannt. Jene, die immer tief verbunden mit Kunapipi ist. Nach dem Tod verschmilzt man mit dieser Zwillings-Seele und folgt den Ahnenlinien zurück in die Traumzeit.
Über Kunapipi wird auch erzählt, dass sie so viele Wesen aus sich hervorgebracht hat, dass sie dies alleine gar nicht geschafft haben konnte, daher malten die Menschen ihr Bild als das Bild von Zwillings-Schwestern. Baumrindenbilder aus dem Ost-Arnhem-Land in Australien zeigen, wie aus zwei roten weiblichen Gestalten, die einander gegenüber liegen, unzählige Menschen hervorkommen.
Sie wird auch als die aseitätische – aus sich selbst Leben schöpfende – Mutter der Wawalag-Schwestern verstanden. Auf Ocker-Malereien sind diese Ur-Schwestern gemeinsam mit ihrer Mutter zu sehen sind – diese Dreiheit wird als die Urahninnen-Generation der Aborigines verstanden. Die Töchter der Kunapipi haben dem Mythos nach den gesamten Kosmos geboren. Sie werden in den Mythen auch von ihrer Mutter verschlungen, um wiedergeboren zu werden (näheres dazu bei: Wawalag-Schwestern).
Wie in vielen anderen uralten Schöpfungsmythen auch, gibt es auch in den australischen Urgeschichten dieses Schöpferinnenverständnis. Am Anfang steht die aseitätische, also die aus sich selbst Leben schöpfende Mutter, denn der Sexualakt wurde kausal gar nicht mit Empfängnis verbunden.
Denn auffällig an all diesen Mythen rund um Zwillingsschwestern und Dual-Seelen ist, dass es offenbar keinen männlichen Gegenpart zur Schöpfung gebraucht hat, wie es in anderen Mythen der Erde der Fall war. Entweder hat sich Kunapipi selbst verdoppelt oder aus sich heraus zwei Töchter hervorgebracht, die die Schöpfungsgeschichte fortsetzten.
Wichtig bei der Initiation von Männern
Ihr positiver Aspekt ist über die Jahrhunderte verloren gegangen, Kunapipi wird heute oft dämonisiert. So wird sie als dämonische Muttergöttin in der australischen Mythologie dargestellt.
Sie soll mit dem Liebreiz ihrer dämonischen Töchter versuchen, junge Männer anzulocken um sie zu töten und zu fressen.
Tatsache ist aber, dass in den alten Mythen gerade Männer von der Erdgöttin initiiert werden. Es heißt, dass Buben von ihr verschluckt werden, verdaut werden und dass sie diese dann wieder als erwachsene Männer ausspeit. (Dieser Initiations-Rituale werden auch im Zusammenhang mit der Göttin und Regenbogenschlange Julunggul erzählt. Über die Hintergründe dieses Ausspeiens gibt es interessante Details bei der Göttin Eingana).
Männer legen sich im Zuge von Ritualen auch in ihren Schoss (eine Rinne auf dem Kultplatz). Damit symbolisieren sie eine Art Tod und bitten die Erdmutter um Wiederaufnahme in ihrem Leib, um später mit neuen Kräften und neu belebt „wiedergeboren“ zu werden.
Von Frauen sind diese Rituale nicht bekannt. Entweder werden sie sehr geheim gehalten oder für Frauen sind solche Zeremonien gar nicht notwendig, weil sie ohnehin ständig mit der Erde und ihren Zyklen verbunden sind.
Dreieck als genitale Zentrum der Mutter
Kunapipi wird nach ihrem Schöpfungsakt vor allem mit allen Geschehnissen der Natur in Verbindung gebracht, die sie ja immerfort schöpft. Sie ist zuständig für den Wechsel der Jahreszeiten, für das Wachsen der Pflanzen.
Verehrt und gefeiert wird Kunapipi auf einer dreieckigen Tanzfläche, die das genitale Zentrum der Mutter symbolisiert.
Durch ein Schwirrholz wird ihr geheimer Name in Ritualen wieder hörbar.
auch: Gunapipi, Yingarna, Kliarin-Kliara, Mumuna, Eagentci, Komokyatsiky