Pasiphae – Sagenumwobene kretische Königin bzw. Mondgöttin

Als legendäre menschliche Frau und Königin von Kreta findet Pasiphae in den Reihen der Göttinnen Eingang, weil sie schon zu Lebzeiten göttinnengleich verehrt wurde. Ihr Beiname war „die für alle strahlt“ bzw. „die für alle Leuchtende“, was auf eine Funktion als Mondgöttin (oder eine ihrer Priesterinnen) hinweist.

Die für alle strahlt

Pasiphae ist die Tochter der Perse und des Sonnengottes Helios und Schwester der Kirke. Als legendäre menschliche Frau und Königin von Kreta findet Pasiphae in den Reihen der Göttinnen Eingang, weil sie schon zu Lebzeiten göttinnengleich verehrt wurde.

Ihr Beiname war „die für alle strahlt“ bzw. „die für alle Leuchtende“, was auf eine Funktion als Mondgöttin (oder eine ihrer Priesterinnen) hinweist.

Heilige Hochzeit mit stierköpfigem Priester

Im matriarchal strukturierten Kreta feierte eine kuhgesichtige Göttin bzw. deren oberste Priesterin (die vermutlich die Königin war) einmal im Jahr (nach anderen Auslegungen alle sieben Jahre) die „Heilige Hochzeit“ mit dem stierköpfigen Priester, der dann auch der erwählte Mann König sein durfte. Für die nächsten Periode wählte die Königin sich einen anderen Mann.

Die bekannteste Königin war Pasiphae und ihr Mann Minos, dem Sohn der Göttin Europa und des Zeus. Pasiphae war die Mutter von sieben Kindern, darunter, Ariadne, Phaidra, Androgeos und Kreteos.

Tribut aus Athen

Es gab zu dieser Zeit bereits Kontakte zum patriarchal strukturierten Athen (Attika), das Kreta immer gefährlicher wurde, da am Festland bereits die Metallurgie bekannt war, die es ermöglichte, Waffen aus Eisen herzustellen, während auf Kreta nur Messing und Bronze bekannt war. Den Tod seines Sohns Androgeos bei einem sportlichen Wettkampf in Attika nahm König Minos zum Anlass, die Athener jedes neunte Jahr zu einem Tribut von sieben Jünglingen und sieben Jungfrauen zu zwingen (in anderen Überlieferungen 12 Jünglinge und 12 junge Frauen).

Hintergrund dieser Geiselnahme war wohl ein Nichtangriffs-Pakt. Da jeweils 14 Kinder attischer Familien auf Kreta weilten, wagten es die Athener lange nicht, Kreta zu erobern.

Pasiphae und der göttliche Stier

Minos hatte der Sage nach allerdings an der festländisch-patriarchalen Struktur Gefallen gefunden und wollte offenbar nicht mehr länger König von Pasiphaes Gnaden sein. Minos erbat daher vom Meeresgott Poseidon, ihm einen Stier zu als Zeichen seiner Königswürde zu senden, den er ihm anschließend opfern wollte.

Als Minos das Tier sah, brachte er es aber nicht übers Herz, es – ob seiner außergewöhnlich herrlicher Gestalt – zu töten. Vielmehr verwendete er diesen Stier zur Veredlung seiner Herde und opferte statt dessen einen anderen Stier. Poseidon, solcherart betrogen, soll Minos dadurch gestraft haben, dass Pasiphae diesen Stier begehrte. Sie soll sich der Sage nach vom königlichen Baumeister und Ahnherrn aller Künstler Daidalos eigens eine hohle, hölzerne Kuh, die mit Kuhhaut überzogen war, anfertigen haben lassen. Darin versteckte sich Pasiphae und paarte sich mit dem göttlichen Stier.

Minotaurus und sein sagenhaftes Labyrinth

Daraus entstand Minotaurus, der als Ungeheuer mit menschlichem Leib und Stierkopf dargestellt wurde. König Minos ließ überraschenderweise dieses Wesen nicht töten, sondern beauftragte Daidalos mit dem Bau eines sicheren Verstecks, dem sagenhaften Labyrinth.

Im Zuge verschiedener Initiationsriten, zu denen auch der legendäre Stiersprung gehörte, mussten sich junge Menschen (darunter auch die attischen Geiseln) im Labyrinth dem Minotaurus stellen. Vermutlich eine Auseinandersetzung mit der „Unterwelt“, den größten Ängsten, den tiefsten Aspekten der Seele, aus der die jungen Menschen wohl gestärkt hervorgegangen sind. Die Paarung Pasiphaes mit dem göttlichen Stier war allerdings kein perverses Vergnügen der Königin, wie es in der bekannten Sage immer dargestellt wird.

Die Heilige Hochzeit mit einem magischen Stier, der aus dem Meer aufstieg, gehörte zu den üblichen Riten (siehe auch Europa, die sich als alte Mondgöttin mit dem Stier aus dem Meer paarte).

Ein Vermutung, die hinter diesem Kult steht, ist die Vereinigung der Mondgöttin mit dem Sonnengott (in Form des Stiers). Nach Pasiphae ist ein Jupitermond benannt.

auch: Pasiphaë

 

 

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