Dea Dia – Sabinisch-römische Saat-, Flur- und Vegetationsgöttin

Dea Dia ist vermutlich auf eine sabinische Wachstums- und Fruchtbarkeitsgöttin zurückzuführen. Dea bedeutet einfach Göttin und ist daher mehr ein Titel als ein Name. Dia hingegen hat die gleiche Sprachwurzel wie Diana, deren Verbundenheit mit der Natur zentrales Element ihres Mythos ist.

 Leben und Wachstum

Dea Dia ist vermutlich auf eine sabinische Wachstums- und Fruchtbarkeitsgöttin zurückzuführen. Dea bedeutet einfach Göttin und ist daher mehr ein Titel als ein Name. Dia hingegen hat die gleiche Sprachwurzel wie Diana, deren Verbundenheit mit der Natur zentrales Element ihres Mythos ist. 

Verehrt wird Diana immer nur im Freien, also dort, wo sich ihr unendliches Reich erstreckt — auf den Feldern und Fluren der Wachstums- und Lebensgöttin.

Im antiken Rom wurde von den Fratres Arvales“, einer Bruderschaft von zwölf Priestern die Erd- und Ackergöttin Dea Dia verehrt. Deren Name leitet sich vom lateinischen Wort „arvum“ ab, was Acker oder Feld bedeutet. Ursprünglich sollen die zwölf Priester Söhne der Göttin Acca Larentia gewesen sein.

Die geheimen unaussprechlichen Namen

Der Doppelname Dea Dia streicht wahrscheinlich die starke Kraft und Heiligkeit der Göttin hervor, wie es z.B. auch bei der Göttin Bona Dea der Fall ist. Die Namen dieser beiden Göttinnen sind vermutlich nur die „offizielle“ Bezeichnung, da ihre wahren Namen so heilig und geheim war, dass sie nicht ausgesprochen werden durften.

Oft wird Dea Dia mit der Göttin Ceres, manchmal auch mit Tellus Mater, Ops, Acca Larentia oder Hebe gleichgesetzt.

Vermutlich ist sie aber eine eigenständige Lokalgöttin, die in den Göttinnen anderen Regionen und Kulturkreise nur ihre jeweilige Entsprechung hat.

Interessant an Dea Dia ist, dass sie in der antiken römischen Literatur nie genannt wird. Dennoch sind über sie und den mit ihr verbundenen Kult mehr Einzelheiten bekannt als über die meisten anderen römischen Gottheit.

Diese Informationen stammen aus dem Archiv der Arvalbrüder, aufgezeichnet auf Tafeln, die man 1570, 1699, 1866 in den Grundmauern des Tempels der Dea Dia entdeckt hat. Weitere Tafeln wurden bei planmäßigen Ausgrabungen im Jahre 1871 gefunden. Hinzu kommen Streufunde aus dem römischen Stadtgebiet (Esquilin, Aventin, Vatikan).

Speziell verehrten die Arvalbrüder Dea Dia in ihrem heiligen Hain zwischen dem fünften und sechsten Meilenstein der Via Campana am rechten Tiberufer unweit von Rom.

Höhle, Hain und Badehaus

Dort gab es auch eine heilige Höhle der Göttin, die „Lucus Deae Diae“.
Es gibt Hinweise, dass diese für kultische Handlungen bis in das 3. Jahrhundert n.d.Z. verwendet wurde. In dieser Kulthöhle soll es einen kreisförmigen Tempel gegeben haben, der auf einer Plattform aus Marmor stand. Auch Reste eines Badehauses wurden gefunden, das vermutlich bei kultischen Handlungen eine Rolle gespielt haben könnte.
An der Außenseite der Kultstätte wurden von den Priestern wichtige Informationen eingraviert, die als Fragmente noch erhalten sind.

Diese in Stein gemeißelten Auszüge aus den Protokollen des Kollegiums geben gut Aufschluss über die Göttin. Vor allem sind Kulthandlungen inschriftlich erhalten: Der Kult rund um die Göttin Dea zielten vor allem auf die Fruchtbarkeit der Felder ab und waren daher untrennbar mit dem Wohlergehen Roms verbunden.

Sie reichten bis in die Frühzeit der römischen Geschichte und darüber hinaus in die sabinische Zeit zurück. Unter Augustus, dem ersten römischen Kaiser (30 v.u.Z.- 14 n.u.Z.), wurde der Kult wieder zu neuem Leben erweckt. Damit waren die Arvalbrüder auch für das Wohlergehen der Kaiser und ihrer Familien zuständig.

So ist bekannt, dass Eisen (wahrscheinlich als Symbol des Kriegsgottes Mars) und auf der Töpferscheibe hergestellte Gefäße im heiligen Hain an der Via Campana verboten waren.

Das große Frühlingsfest der Dea Dia

Die „Fratres Arvales“ veranstalteten alljährlich die „Ambarvalia“, das dreitägige Hauptfest der Göttin. Es handelte sich dabei um ein zeitlich bewegliches Fest, das meistens im Mai, selten auch Anfang Juni stattfand.

Der Überlieferung nach beinhalteten diese „Ambarvalia“ u.a. Zeremonien mit Weihegaben in Form von Weihrauch und Wein. Am ersten Festtag wurden rituell geweihte ausgedörrte und frische Ähren berührt und mit Lorbeer bekränzte geweihte Brote verteilt. Zu Sonnenaufgang wurden Früchte, Räucherwerk und Wein dargebracht und die Statue der Göttin rituell gesalbt.

Die Handlung im ersten Licht des Tages lässt sie auch als Licht-Göttin erscheinen. In ihrer vorrangigen Zuständigkeit ist Dea Dia die Göttin des gepflügten Felds, der Fruchtbarkeit der Erde, der reifenden Saat und hier speziell des Getreides sowie der Entwicklung jeden Lebens.

Da ihr Hauptfest im Mai ist, in dem das Sonnenlicht schon sehr stark ist, die Tage lang sind und die Rituale mit Sonnenaufgang verbunden sind, wurde sie vermutlich auch als Göttin des Lichts, der Luft und des Himmels verehrt.

Flurumgänge und Gesänge

Die Flurumgänge anlässlich der Festlichkeiten sollten die Saaten vor feindlichen Mächten schützen. Die Priester sangen dabei ein an den Mars gerichtetes altertümliches Lied, mit dem man dessen verderbliche Macht fernzuhalten versuchte.

Weiters wurden die Semones und die Lares bei diesen Gesängen beschworen. Die Semones sind Erdgottheiten, die vor allem mit dem Gedeihen der Saat in Zusammenhang gebracht werden. Die Lares sind Schutzgottheiten, die ursprünglich als die Geister der Toten, die in der Erde vergraben waren, angesehen wurden.

Später wurden sie zu jenen guten Geistern, die Äcker und Felder und auch den Haushalt beschützen. Als Mutter dieser Lares wird die Göttin Acca Larentia angesehen, deren zwölf Söhne die ersten Arvalbrüder gewesen sind. Acca Larentia wird oft mit Dea Dia gleichgesetzt.

Die zyklische Kraft

Dea Dia wird auch in einer ihrer Ausprägungen immer auch mit der Mana Genita, der Mutter der Todesgeister „Manes“ sowie mit der Unterweltsgöttin Larunda gleichgesetzt. Dies vermutlich, weil alles, was wächst und geboren wird, aus der Unterwelt kommt und alles Lebendige auch wieder sterben muss.

Damit wird die zyklische Kraft der Natur und der Muttergöttin anschaulich gemacht und geehrt. Neben dem rauschenden Frühlingsfest der „Ambarvalia“ wurde zu Ehren der Dea Dia ein weiteres, allerdings nicht so großes Fest jeweils am 17. Dezember, am Beginn der sogenannten Saturnalien gefeiert, die dem für Saat und Ernte zuständigen Gott Saturn gewidmet waren.

Am 19. Dezember begannen die Festivitäten Opalia, die der Fruchtbarkeitsgöttin Ops geweiht waren — jener Göttin, die mit Dea Dia auch immer wieder gleichgesetzt oder verglichen wird.

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