Hestia – Griechische jungfräuliche Göttin der Herd- und Ritualfeuer

Hestia wurde im alten Griechenland als die Beschützerin des Heimes und der Häuslichkeit verehrt. Sie ist eine den ältesten griechischen Göttinnen und zählt zu den „olympischen Zwölf“

Essenz aller Dinge

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Hestia wurde im alten Griechenland als die Beschützerin des Heimes und der Häuslichkeit verehrt. Sie ist eine den ältesten griechischen Göttinnen und zählt zu den „olympischen Zwölf“ (dies sind Hestia und ihre kleineren Brüder Zeus und Poseidon, ihre jüngeren Schwestern Hera und Demeter, sowie diverse Kinder von Zeus, also Nichten und Neffen der Hestia: Apollon, Artemis, Athena, Ares, Aphrodite, Hermes und Hephaistos).

Hüterin des Herdes und der heiligen Feuer

Als vorhellenische Göttin ist Hestia jedoch wesentlich älter als das antike Griechenland. Es kann angenommen werden, dass sie seit jener Zeit, als die Menschen eine zentrale Feuerstelle mit behüteten und kontrollierten Feuer hatten, verehrt wurde.

Sie ist die Hüterin des Herdes, der zugleich Zentrum des Hauses und der Kultplatz der Familie war. Sie war darüber hinaus Göttin des Staatsherdes und der heiligen Feuer in Tempeln – das ewige Licht, das nie wirklich erlischt. Damit ist sie Gebieterin des gezähmten, bewusst gehüteten und genährten Feuers.

Es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, welch große Bedeutung dieses „gezähmte“ Feuer einst für die Menschen gehabt hat. Jede Verwendung dieser göttlichen Flamme ist essentiell – von der Zubereitung von Speisen, über den Schutz vor wilden Tieren und vor Kälte bis zur Übergabe von Weihegaben mit denen das Feuer genährt wird. Laut Plato bedeutet ihr Name daher auch „die Essenz aller Dinge“.

Sie ist die „Wächterin der innersten Dinge“, weshalb sie – zumindest in modernen Interpretationen – auch mit dem inneren Licht, dem inneren Feuer jedes und jeder Einzelnen in Verbindung gebracht wird.

Die Weltmitte des Menschen

Erst wenn der Herd oder die Feuerstelle eines Hauses der Göttin Hestia geweiht war, galt dieser Ort als heilig und wurde wirkliche Heimat. Sie verkörperte das Zuhause, die „Weltmitte“ eines jeden Menschen.

In matriarchalen Gesellschaften gilt der Herd für jedes Mitglied der Hausgemeinschaft als „Nabel der Welt“, Herd ist dabei ein anderer Begriff für Erde. Pythagoras betrachtete das Feuer der Hestia als Mittelpunkt der Erde.

Jungvermählte Frauen trugen in Hestias Namen etwas Feuer aus dem Haus ihrer Mutter in ihr neues Heim, damit der Segen der Göttin auch dort Einzug halten kann.

Hestia verwandelt mit ihrem Feuer die Zutaten einer Speise erst in Nahrung – eigentlich ein magisch-alchemischer Vorgang. Beim Garen von Mahlzeiten tötet das Feuer Keime und wandelt schwer verdauliche Substanzen um, weshalb eine größere Bandbreite an Nahrungsquellen erschlossen werden konnte. Kein Mahl kann daher ohne ihre Segnung gelingen, ihr brachte man daher am Herd immer etwas von der Mahlzeit als Weihegabe dar.
Hestia steht für das Heim als sicherer und schützender Rückzugsort, als Raum in dem Menschen nicht nur leben sondern auch ihre heiligen Rituale abhalten, sowie für das Lebensfeuer, das in uns allen lodert.

Hestia ist die einzige der olympischen Gottheiten, die wirklich niemals in Kriege oder Streitigkeiten verwickelt war. Sie verzichtet bewusst auf alle Verwicklungen der (olympischen) Welt und bewahrt sich damit auch ihren inneren Frieden. Ihr Feuer schenkt auch die Reinheit, die von dieser Göttin ausgeht.
Bei allen Ritualen richtet sich daher auch die erste Weihegabe, das erste Gebet an Hestia. Im übertragenen Sinne kann das auch so ausgelegt werden, dass wir erst zu unserem inneren Frieden kommen, wenn wir die aufwühlenden Feuer zähmen, so wie es Hestia macht.

Das Herdfeuer war und ist nach wie vor auch immer der Platz für weibliche Magie. Hestia hat damit im Alltags-Kult einen großen Stellenwert. Auch im Zentrum des Profanen, wie es Küchenarbeit ist, bleibt dem Feuer seine absolute Heiligkeit und magisch-transformierende Kraft erhalten.

Nicht Symbol für das Feuer – sondern das Feuer selbst

Hestia ist die älteste der drei Töchter der Rheia und des Kronos und Schwester von Zeus, Demeter Poseidon und Hera. Ihre römische Entsprechung ist die Göttin Vesta.  Obwohl sie Poseidon und Apollon als Gatten haben konnte, zog sie es vor, unvermählt und jungfräulich zu bleiben.

Dies auch, weil kein männliches Wesen, also auch kein Gott den streng matriarchalisch gehüteten Bereich, das sogenannte Prytaneum, den öffentlichen Herd einer jeden Stadt, mit ihr teilen durfte. Hestia ist damit gemeinsam mit Artemis und Athena eine der drei griechischen Göttinnen, die nie einem Mann angehörten. Es heißt, diese drei Göttinnen seien absolut immun, wenn es um den Zauber der Liebesgöttin Aphrodite geht.
Jungfräulichkeit bedeutet dem älteren Verständnis nach übrigens nicht zwingend Keuschheit oder Unberührbarkeit, sondern war vielmehr die Bezeichnung für eine unverheiratete Frau – unabhängig von den sexuellen Aktivitäten.

Die Tatsache allerdings, dass Hestia das Feuer nicht symbolisiert, sondern Hestia das Feuer IST, lässt allerdings auch wenig Spielraum für menschlich interpretierbare Liebesgeschichten.

Entscheidende Bedeutung für die Zivilisation

Durch das Feuer der Hestia als Wärmequelle konnten ansonsten unwirtliche Gegenden für Menschen bewohnbar gemacht werden. Damit kam ihr in der Entwicklung der Zivilisation entscheidende Bedeutung zu. Naturgemäß wurde die Schutzgöttin des Hauses damit auch die Beschützerin jeder staatlichen Vereinigung.

Sie ist die Mitte des Heims und mit dem Prytaneum (das einen Altar beinhaltete, auf dem ihr zu Ehren ein ewiges Feuer unterhalten wurde) verkörpert sie auch das Zentrum einer Gemeinschaft, eines Dorfes, einer Stadt. Sie ist damit die Göttin der menschlichen Ordnung und der Organisation in der Familie, in (Dorf-)gemeinschaften sowie im Staat.

Sie schützt auch all jene, die in einer fremden Stadt um Obdach bitten und ist damit die Hüterin der Gastfreundschaft, die in antiken Kulturen zu den vornehmsten Tugenden des Zusammenlebens galt. Sie erinnert uns daran, dass wir alle um das eine heilige Feuer sitzen, das selbe Licht sehen, ihre wärmende Kraft spüren.

Obwohl sie zu ältesten und bedeutendsten Göttinnen des olympischen Pantheon zählt, ist ihre Erscheinung eher unauffällig. Es gibt von ihr kaum Darstellungen, Bildnisse oder Skulpturen, denn sie nahm nie menschliche Gestalt an.
Die Kraft der Göttin Hestia äußert sich einfach im Herdfeuer inm
itten des Hauses. Mitunter kann man im Tanz der Flammen ihr Gesicht oder ihre Gestalt erkennen.
Dieses „bescheidene“ und zurückhaltende Auftreten äußert sich auch darin, dass von Hestia keinerlei Beinamen bekannt sind, wie das bei anderen griechischen Gottheiten üblich war. Bei Homer (dessen Werke eine verlässliche und ergiebige Quelle göttlicher Beinamen ist) erscheint Hestia nicht als Göttin. Schreibt er in der Ilias von „hestia“, dann meint er einfach die Feuerstelle.
Bei den BewohnerInnen Skythiens ist Hestia als Tabiti bekannt.

Hestia wohnt in jeder Flamme, man findet sie beständig im wärmenden und nährenden Herdfeuer, von dort regelt sie das häusliche Leben und beschützt den häuslichen Frieden. Sie wird mit dem Entzünden eines Feuers herbeigerufen und geehrt. Sie wacht auch über alle rituellen Handlungen.

Deshalb wurden auch Schwüre und Eide in ihrem Namen gemacht, bei Verträgen wurde Hestia vor allen anderen Gottheiten angerufen, Gebete wurden mit ihr begonnen und beendet. Das griechische Sprichwort „Fang bei Hestia an“ bedeutet, die Dinge von ihrem Ursprung her anzugehen. Alles, was durch ihr Feuer geht, transformiert wird, gilt als heilig.

Die wohltätige Kraft der Geborgenheit

Hestia ist immer friedfertig und kämpft nie. Im Gegensatz zu anderen Feuergöttinnen ist sie besonders mild und schenkt uns vor allem ihre wohltätige Kraft der Geborgenheit. Sie symbolisiert dadurch auch das ruhige Element des Olymps.

Ihr Platz im olympischen Pantheon war ihr jedoch nicht wichtig, sie gab ihn auf, um Dionysos, dem jungen Gott der Ekstase und des Weines Platz zu machen. Sie kümmerte sich statt dessen lieber um das Feuer. Hestia genügt sich selbst. Sie braucht keine großartigen Mythen und Verehrungen.

Ihre Aufmerksamkeit richtet sich nach innen und vermittelt dadurch ein Gefühl der Ganzheit und des In-sich-Ruhens – ganz wie eine wärmende Glut.

Ihr zu Ehren brennt das Feuer des Olymps, das Feuer der olympischen Spiele ist die Flamme Hestias. Vom Altar der Hestia nahmen auch die in die Ferne ziehenden Kolonisten Feuer für den Herd ihrer künftigen Niederlassung mit und verwendeten es bei der Gründungszeremonie für neue Stadtstaaten.

Inneres Feuer, Lebensfreude und Herzlichkeit

In Zeiten von Fernwärme und Zentralheizungen, die ganz und gar nicht zentral in unserer Mitte stehen, erscheint es vielleicht schwierig, mit Hestia in Verbindung zu treten. Es macht also Sinn, wenn wir ihr wieder mehr Platz in unseren Wohnungen und Häusern einräumen.

Dies gelingt, wenn wir unsere „vier Wände“ in ein wahres, warmes, warmherziges Heim verwandeln, in dem wir uns geborgen fühlen und regenerieren können. Hestia zu ehren bedeutet, sein inneres Feuer, die Begeisterung, die Lebensfreude, die Herzlichkeit immer wieder neu zu entfachen und die Glut zu hüten.

Sie ist bei uns, wenn wir eine Kerze anzünden und dann beaufsichtigen (denn sie ist die Göttin des gehüteten und nicht des unkontrollierten Feuers), wenn wir Räucherwerk zum Glühen bringen, wenn wird mit Feuer orakeln und zaubern, im Kerzenschein meditieren, in unsere Mitte kommen oder uns zu zweit in unserer „Höhle“ aneinander kuscheln.

Wir können sie spüren, wenn wir uns in der Küche versammeln, um gemeinsam zu kochen oder jemanden mit einem selbst gekochten Mahl erfreuen. Es gibt doch da dieses Lied „Kitchen at Parties“. Warum treffen sich bei einer Party früher oder später alle in der Küche? Da ist noch was da von der archaischen Kraft der Hestia. Wir können ihre Energie spüren, wenn wir uns gesellig um ein gehütetes Lagerfeuer versammeln oder einfach, wenn wir im Winter heimkommen und uns über die wohlige Wärme unserer Heizkörper freuen.
All dies bewusst genossen, stellt die Verbindung zur heiligen Sphäre der Hestia her. Hestia beschenkt Menschen dann mit wohliger Geborgenheit, mit häuslichem Frieden, mit einem guten Gemeinschaftsgefühl.

Sie lässt Menschen dann auch sehr bewusst ihren Energieverbrauch und die Balance zum Energiebedarf spüren, warnt somit davor, auszubrennen. Sie erhellt und zentriert – ganz wie sie selbst immer und völlig selbstverständlich im Zentrum jedes menschlichen Organismus und jedes menschlichen Miteinanders glüht.

auch: Histia 

Das Bild der Hestia kann als Replik erworben werden.

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