Tanit – Höchste Göttin Karthagos, Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit und Gebieterin des Mondes

Ihr Einflussbereich und ihre Zuständigkeiten sind vielfältig: Tanit ist sowohl die Königin des Himmels und Gebieterin aller lichten Wesen, wie auch die Mutter Erde und Göttin der Natur.

Die fröhliche Muttergöttin

 

Tanit wird oft als die karthagoesche Version der phönizischen Göttin Astarte angesehen.
Sie hat im Laufe der Zeit auch verschiedene Elemente fremder Muttergöttinnen – AphroditeIsisHathorArtemis und Juno aufgenommen, wodurch sie zu einer universalen Muttergöttin wurde.

Aus ihr ist wiederum die Göttin Fatima hervorgegangen.

Universale Muttergöttin mit vielfältigen Zuständigkeiten

Ihr Einflussbereich und ihre Zuständigkeiten sind daher vielfältig: Sie ist sowohl die Königin des Himmels und Gebieterin aller lichten Wesen, wie auch die Mutter Erde und Göttin der Natur.

Darüber hinaus hat Tanit auch Aspekte einer Meeresgöttin.

Eine ihrer Bezeichnungen ist „Caelistis“ („die Himmlische“). Ihr silbernes Licht als Mondgöttin bringt der Erde zusätzliche Kraft und Segen – besonders, wenn sie als voller Mond der Erde und ihren BewohnerInnen ganz zugeneigt ist.

Als Fruchtbarkeits- und Erdgöttin wird sie auch mit dem Jahreskreis in Verbindung gebracht: Im Herbst und zu Dürrezeiten zerstört sie und kehrt im Frühling als aufbauende Muttergöttin auf die Erde zurück, um sich mit dem Himmelsgott Baal zu verbinden.

Als Folge der Heiligen Hochzeit sprießt das frische Grün und alle – Menschen wie Tiere – haben nur Paarung im Sinn. Als Freude über das Wunder der neu erwachten Natur soll Tanit mit orgiastischen Riten gefeiert worden sein.

Auch die sogenannte Tempelprostitution (Priesterinnen, die ihre Sexualität und damit Fruchtbarkeit als Dienst an der Göttin verstehen und leben) gehört zu ihrem Kult.

Besonderer Friedhof für Kinder

Tanit sagt man auch nach, dass ihr die erstgeborenen Kinder als Feueropfer dargebracht werden mussten. Nach neueren Erkenntnissen soll dies jedoch ein Gerücht gewesen sein, welches im Zuge der Punischen Kriege vom Römischen Reich als Kriegspropaganda gegen Karthogo eingesetzt wurde.

Unter Steinstelen fanden sich tatsächlich Urnen mit verkohlten Knochen, die unzweifelhaft von Kindern stammen. Der Archäologe Fethi Chelbi vertritt jedoch die Ansicht, dass es hier um einen ganz besonderen Friedhof für Kinder handelt. Die Analyse der Asche aus den Urnen ergab nämlich, dass sie hauptsächlich von Föten und Totgeburten stammte.

Es herrschte damals eine hohe Kindersterblichkeit – dennoch sind Kindergräber auf den Friedhöfen Karthagos sehr selten. Wahrscheinlich wurden auf diese Weise die verstorbenen Kinder an die große Muttergöttin Tanit zurück gegeben.

Mit 70 Kindern Mutter aller Gottheiten

Mit Baal Hammon feierte Tanit möglicherweise nicht nur alljährlich die Heilige Hochzeit. In einigen Sagen wird sie als dessen Gattin bzw. dessen weibliche Ausprägung „BA’ALAT“ bezeichnet, weshalb einer ihrer Titel „Gesicht des Baal“ ist. Das „LAT“ in der Bezeichnung „BA’ALAT“ weist auf ihren nährenden Aspekt hin.

Noch heute ist die Sprachwurzel „lat“ in manchen Sprachen in dem Wort für (Mutter-)Milch vorhanden (vgl. dazu auch Al-Lat).

Es wurden viele Tanit-Statuetten gefunden, die die nackte Göttin zeigen, wie sie mit ihren Händen ihre Brüste quetscht bzw. darbietet – eine alte Fruchtbarkeits- bzw. nährende Geste. Als Spenderin der Fruchtbarkeit hat Tanit auch den Namen „Nutrix“ (= Amme, Ernährerin). Jedenfalls soll Tanit mit Baal Hammon 70 Kinder haben und wird daher als Mutter aller Gottheiten angesehen.

Dreieck mit waagerechtem Balken und Scheibe

Bemerkenswert ist ihr Symbol: Es stellt ein Dreieck mit einem waagerechtem Balken darüber dar, auf dem eine runde Scheibe liegt (die Spitze des Dreiecks ist oben). Also eine sehr einfache Darstellung einer Frau.

Dies wird oft auch mit dem ägyptischen Ankh-Zeicheon verglichen. Häufig zu finden ist über diesem Zeichen auch die Mondsichel, in der wie in einer Schale der Vollmnd liegt. Der Querbalken wird einerseits als offene oder segnende Arme angesehen. Andererseits auch als Horizont gedeutet – der Körper der Göttin ist unterhalb (in der Erde), ihr Kopf oberhalb.

Das Tanit-Zeichen wurde auch ornamental oder als Amulett verwendet, und es findet sich später sogar auf römischen Standarten und Amuletten wieder („Lunulae“, Mondchen).

Tanit wird manchmal auch als geflügelte Göttin mit dem Tierkreis um ihren Kopf herum und der Sonne in einer sowie dem Mond in der anderen Hand dargestellt.

Stab mit wellenförmigen Linien

Ihr Name geht möglicherweise auf eine alte Schlangengöttin zurück und wird auch mit der ägytischen Tanetu – einer Form der Hathor als Göttin des Lichts – in Verbindung gebracht. Tanit wird manchmal auch mit einem „Caduceus“, einem Stab, um den sich wellenförmigen Linien (Schlangen) winden, dargestellt.

Dieses uralte Symbol der Heilung findet sich (wenn auch mit anderer Auslegung) im Alten Testament wieder – als Baum der Erkenntnis, um den sich eine Schlange windet. Tanits heiliger Baum ist die Palme, der Lebensbaum in den Wüstengebieten. Weitere Symbole von Tanit sind Granatapfel, Feige, Ähre und die Taube.

Tanit-Kult auf Ibiza

Nachgewiesen wurde ihre Verehrung auch auf Malta. Besonders lang hielt sich der Tanit-Kult allerdings auf der Balearen-Insel Ibiza, wo die Göttin noch lange nach der Christianisierung der Inselbevölkerung im 2. Jahrhundert n.u.Z. verehrt wurde. Auf Ibiza sind mehrere Kultstätten ausgegraben worden. Die bekannteste alte Tanit-Kultstätte ist die Höhle Es Culleram bei Sant Joan de Labritja.

Im Jahr 1907 wurden bei Ausgrabungen rund 600 Terrakottafiguren (vermutlich Votivbilder) gefunden, dazu rund tausend Köpfe von Figuren und Tonscherben.

Weibliche Figuren in Glockenform

Besonders hervorzuheben sind mehrere weibliche Figuren in Glockenform, bemalt mit diversen Symbolen. Bei einigen von ihnen ist das Gesicht mit einer feinen Goldschicht überzogen. 1929 wurde eine Bronzetafel gefunden, auf der die Namen Astraté und Tania erwähnt werden.

Der Insel Ibiza vorgelagert findet man das geheimnisvolle Felsen-Eiland Es Vedra. Eine kleine, spitz aus dem Meer ragende Insel, ohne Pflanzen, dafür aber übersät mit unzähligen kleinen Höhlen.

Besonders in diesen finden sich auch heute noch unzählige Bilder der Göttin Tanit. Sie wird nach wie vor von Einheimischen als Schutzgöttin von Ibiza verehrt und es werden ihr immer noch Licht und Weihegaben in Form von Blumen dargebracht. Ihr vitaler Einfluss über die Insel Ibiza schlägt sich heute auch in Namen von Hotels, Lokalen, Drinks etc. nieder.

Die Bevölkerung erzählt über die magische und mysteriöse Tanit, dass sie Fröhlichkeit bringt und immer dann hilft, wenn die Sorgen und Probleme Überhand nehmen.

auch: Tanith, Tent (phönizisch bzw. punitisch), Tanis (griechisch)

 

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