Chaxiraxi ist die Hauptgöttin der Guanchen, UreinwohnerInnen der Insel Teneriffa (Kanarische Inseln).
Einerseits ist Chaxiraxi eine Göttin, die mit dem Mond und der Fruchtbarkeit zusammenhängt, andererseits ist sie mit der Sonne verbunden. Sie ist auch als Mutter der Sonne bekannt.
Die das Firmament hält
Chaxiraxi ist die Hauptgöttin der Guanchen, UreinwohnerInnen der Insel Teneriffa (Kanarische Inseln).
Einerseits ist Chaxiraxi eine Göttin, die mit dem Mond und der Fruchtbarkeit zusammenhängt, andererseits ist sie mit der Sonne verbunden. Sie ist auch als Mutter der Sonne bekannt.
Das lässt darauf schließen, dass sie eine Himmelsgöttin ist, eine Göttin des gesamten Universums. Das ergibt sich auch aus der Urform ihres Namens, der aus der Guanchen-Sprache stammt: „ta-γir-aγi“ , das bedeutet übersetzt in etwa „diejenige, die das Firmament lädt oder hält“, „die Mutter des Erhaltens von Himmel und Erde“ bzw. „die Mutter, der Geist, der das Universum erhält“.
Diese kosmische Bedeutung äußert sich auch darin, dass Chaxiraxi mit dem Stern Canopus in Verbindung gebracht wird. Das ist der hellste Stern im Sternbild Kiel des Schiffs.
Er ist nach Sirius der zweithellste Stern am Nachthimmel, steht aber so weit südlich, dass er von Mitteleuropa aus nicht zu sehen ist. Lediglich vom südlichsten Teil Europas (Gibraltar, Malta, Kreta oder eben auch Teneriffa) aus kann er beobachtet werden. In Mythen heißt es, dass Canopus der Hauptstern des Himmels sei, der älteste, die Mutter von allen Sternen.
Da angenommen wird, dass die UreinwohnerInnen der Kanarischen Inseln ursprünglich aus der nordafrikanischen Zivilisation der BerberInnen stammen, wird vermutet, dass Chaxiraxi von der punischen Berbergöttin Tanit übernommen wurde und einen anderen Namen und eine Reihe eigenständiger Attribute erhielt. Besonders lang hielt sich der Tanit-Kult auf der Balearen-Insel Ibiza, wo die Göttin noch lange nach der Christianisierung der Inselbevölkerung im 2. Jahrhundert n.u.Z. verehrt wurde.
In Verbindung gebracht wird Chaxiraxi auch mit den Candomblé-Göttinnen Oya bzw. Iansa, die von Afrika über das von Spanien eroberten Teneriffa bis nach Südamerika verschleppt wurden.
Über die Religion der Guanchen ist nicht viel bekannt, in ihren Mythen wird aber erzählt, dass ihre Gottheiten in den Bergen leben und herabsteigen, um die Gebete der Menschen zu hören. Die Menschen beteten im Freien, unter Bäumen, in Höhlen oder in der Nähe von Bergen, mit besonders inbrünstigen Gebeten in Zeiten der Dürre.
Chaxiraxi war ihre Muttergöttin, von der es heißt, dass die Menschen am 15. August am Ende der Erntezeit ein besonderes Fest zu ihren Ehren feierten, und dabei Lebensmittel wie Milch, Mehl aus gerösteten Körnern und Schaf- und Ziegenfleisch geteilt wurden.
Wobei anzumerken ist, dass dieses exakte Datum des 15. August möglicherweise schon unter christlichem Einfluss entstand, da dies ja Mariä Himmelfahrt ist. Viel mehr ist anzunehmen, dass die Göttin Chaxiraxi am Ende der Erntezeit, z.B. zu Vollmond gefeiert wurde.
Die rätselhafte Frauenstatue am Strand
Vor allem aber gibt es hier einen Synkretismus mit der sogenannten Jungfrau von Candelari, der wichtigsten Heiligen auf Teneriffa.
Die Legende erzählt, dass zwei Viehhirten an einem 2. Februar Ende des 14. Jahrhunderts am Strand von Chimisay (heute Socorro) eine etwa einen Meter große Frauenstatue entdeckten. Sie erschraken und waren sich nicht sicher, womit sie es hier zu tun haben. Mit einem Menschen, einer Statue, einem Geist?
Sie sahen auf jeden Fall eine prachtvoll gekleidete Dame, die ein gekröntes Baby auf dem rechten Arm und eine Kerze in der linken Hand hielt. Es war Männern in dieser Kultur verboten, einsame Frauen anzusprechen, daher versuchten die beiden es vorerst mit Zeichensprache. Doch ihr Gegenüber rührte sich nicht.
Ihr anfängliches Erstaunen schlug zunehmend in Zorn um. Der eine Hirte versuchte darauf hin, einen Stein nach diesem unbekannten Wesen zu werfen, worauf sofort sein Arm erstarrte. Der andere stürzte mit einem Faustkeil auf die Unbekannte und zog sich dabei selbst Schnittwunden zu. Beides heilte aber unmittelbar nachdem die Figur in Sicherheit gebracht worden ist.
In Panik stürzten die beiden vorerst einmal vom Ort des Geschehens und informierten ihren Mencey (Stammesführer). Dieser erkannte, dass es sich um eine Holzschnitzerei handelt und spürte sogleich die magische Aura der Figur.
Er nahm diese mit in seine Residenz, die Höhle Chinguaro. Es schien klar zu sein, dass es sich hierbei um ein Bildnis der hochgeschätzten Göttin Chaxiraxi handelt.
Wie diese Frauenfigur auf den Strand gelangte, ist unbekannt. Möglicherweise wurde sie von einem vorbeifahrenden Schiff über Bord geworfen und an den Strand gespült. Einige Theorien sprechen davon, dass diese Figur absichtlich an Land gebracht wurde, um den Boden für die Missionierung und Eroberung vorzubereiten.
Denn Teneriffa wurde im 15. Jahrhundert von den Spaniern erobert und im Zuge dessen christlich missioniert. Damit wurden die Guanchen zum Christentum „bekehrt“. Im Jahre 1446, fünfzig Jahre vor dem Abschluss der Eroberung der Insel Teneriffa, will Antón den Mencey, ein getaufter Guanche, erkannt haben, dass es sich bei der Statue um die heilige Gottesmutter Maria handelt. Sie war auf Grund der dunklen Holzfarbe eine „schwarze Madonna“. Er setzte durch, in der Höhle Achbinico einen Ort der Verehrung für die Marienfigur zu schaffen.
Besonders wichtig war es ihm dabei, dass es sich hierbei nicht um die alte („heidnische“) Göttin Chaxiraxi, sondern um eine Marienfigur handelt – und so kam es zur „Jungfrau von Candelaria“.
Eine Heilige, auf spanisch „La Virgen de Candelaria“.
Die Kerzenheilige
Nach der Eroberung der Insel erklärte Papst Clemens VIII. im Jahre 1559 diese „Virgen de Candelaria“ zur Haupt- und Schutzheiligen der Kanarischen Inseln.
Candelaria bezieht sich auf Kerzen und das wiederum hat mit dem angeblichen Auffindungsdatum 2. Februar zu tun. Dieses exakte Datum erscheint schon etwas seltsam. Kaum vorstellbar, dass die einfachen Inselbewohner der Insel damals nach genauen Zeitangaben eines Kalenders gelebt haben.
Es ist daher zu vermuten, dass dieser Teil der Legende von der katholischen Kirche im Zuge der Umwandlung der Göttin in eine Heilige hinzugefügt wurde. Denn am 2. Februar wird in der katholischen Welt „Mariä Lichtmess“ gefeiert – mit vielen Kerzen-Ritualen. Dies wiederum ist das christianisierte Fest der alten irischen Muttergöttin Brigid.
Und die Erscheinung einer Frauenfigur genau zu Lichtmess, das hat schon etwas magisch-Mystisches.
Der 2. Februar wird auf Teneriffa groß gefeiert. Tausende Menschen pilgern am Abend mit flackernden Kerzen zur Kirche von Candelaria.
„Felicidades a las Candelarias y a las Chaxiraxis por su onomástica“ – das ist der fromme Wunsch an diesem wichtigen Feiertag. Und damit wird gleichzeitig der Jungfrau Maria und einer, sagen wir einmal, „Heiligen der Guanchen“ namens Chaxiraxi viel Glück und alles Gute zum Namenstag gewünscht.
Ein weiterer Festtag der „Jungfrau von Candelaria“ ist der 15. August – derselbe Tag wie Chaxiraxis Fest, das mit Mariä Himmelfahrt zusammenfällt.
Der Blick in die Chronologie zeigt, dass das wundersame Marienbildnis im 16. Jahrhundert von der Grotte in eine Kapelle abwanderte und zur großen Heiligen der Kanaren aufstieg. Aus dem Kirchlein erwuchs ein stattliches Heiligtum der Dominikaner, das allerdings 1789 einer Feuersbrunst zum Opfer fiel. Einzig die Skulptur überstand die Katastrophe, doch 1826 verschwand sie während eines starken Sturms und eine darauf folgenden verhängnisvollen Überschwemmung der Insel. Es gab jedoch Kopien davon, und kurz darauf schuf der Künstler Fernando Estevez in Anlehnung an das alte Bildnis ein neues, was dem Glauben aber keinen Abbruch tat. Heute nimmt es im Altarraum der 1959 geweihten Basilika den Ehrenplatz ein und wird vom Volksmund liebevoll „La Morenita“, also „die kleine Braune“, genannt.
Die Himmelsgöttin Chaxiraxi soll einen Sohn Namens Chijoraji gehabt haben. Der Name dieses Sohnes wird, wenn es um die „Virgen de Candelaria“ geht, mit Jesus übersetzt.
auch: Chaciraxi, Chijoragi,Chijoraji, Chirijoraji, Achmayex Guayaxerax