Nornen – Germanisch-nordische Schicksalsgöttinnen und Geburtshelferinnen

Unter der Weltenesche Yggdrasil sitzen die drei Nornen (nord. „Raunende“) Urd (das Gewordene), Werdandi (das Seiende oder Werdende) und Skuld (das Werdensollende oder Werdenwollende).

Die Vielwissenden

 

Unter der Weltenesche Yggdrasil sitzen die drei Nornen (nord. „Raunende“) Urd (das Gewordene), Werdandi (das Seiende oder Werdende) und Skuld (das Werdensollende oder Werdenwollende).

Sie sind damit auch die Gebieterinnen der Zeit. Es heißt, dass sie den Schicksalsfaden der Menschen und Gottheiten spinnen, weben und letztendlich wieder abschneiden. Sie auf eine Zeitlinie von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu legen, wäre allerdings sehr ungenau.
Die Vorstellung einer linear verlaufenden Zeitachse war nämlich in dem Kulturkreis, der die Nornen hervorgebracht hat, unbekannt. Alles ist mit allem verbunden, verwoben – so wie die Nornen als die „Drei göttlichen Weberinnen“ ständig alles aus den verschiedenen Dimensionen des Gewordenen, des Seienden und Werdensollenden miteinander verweben.

In den Mythen werden die Nornen als die Töchter der alten Erdgöttin Erda beschrieben, deren Welt gleich neben den Wurzeln des Weltenbaumes zu finden sein soll.

Nach mythologischen Wurzeln haben vor Urzeiten die Nornen nach einem Streit unter den Gottheiten die Schicksalstafeln übernommen. Seither lenken sie die Geschicke der Menschen wie der Gottheiten, indem sie die Fäden des Schicksals spinnen, weben und abschneiden. Den Menschen bringen sie Heil wie Unheil und definieren deren Lebensspanne.

Es heißt, dass zwei von ihnen einem Neugeborenen Glück und Begabung in die Wiege legen, während die dritte (Skuld) durch ihren Spruch diesem Glück eine Grenze (den Tod) setzt.

Weltenesche und Urdarbrunnen

Die Nornen verwalten von ihrem Platz unter der Weltenesche das Schicksal, erspähen, verhängen es und sprechen es aus. Dies ist auch der Ort, an dem die Gottheiten ihre Versammlungen abhalten und von den Nornen deren Urteil vernehmen.

Mit dem heiligen Wasser des nach der Norne Urd benannten Urdarbrunnens und dem Lehm um die Quelle herum besprühen die Nornen jeden Tag den Weltenbaum, damit dieser weder verdorrt noch verfault, denn das Schicksal der Welt ist an die Existenz des schönsten und heiligsten aller Bäume gebunden. Sie bestimmen damit nicht nur die Lebenszeit und das Schicksal der einzelnen Menschen, als Wächterinnen des „Fenriswolfes“ entscheiden sie letztlich auch über den Weltuntergang Ragnarök.

Mythologischer Hintergrund für Dornröschens „gute Feen“

Da die Nornen bei der Quelle am Fuße Yggdrasils wohnen, sind ihnen lebensfördernde Kräfte gegeben. So stehen sie auch mit ihren helfenden Kräften den Müttern bei der Geburt bei.

Nach der nordischen Mythologie wird das Schicksal eines Menschen zum Zeitpunkt der Geburt bestimmt. In diesem Augenblick sollen weibliche Geister oder Ahninnen kommen, um sich das Kind genau anzuschauen und ihm seine Bestimmung zu geben.

Dieser Glaube findet auch in zahlreichen Legenden, Sagen und Märchen (vgl. Dornröschen) seinen Niederschlag. In vielen Märchen sind Urd und Werdandi der mythologische Hintergrund für die guten Feen und für freundliche Gestalten, während Skuld die böse Hexe ist – unerbittlich und voll kalter Entschlossenheit. In einer älteren Version des Rumpelstilzchens kommen die drei Nornen in Form der Spinnerinnen Breitlipp, Breitdaum und Breitfuss vor, sie helfen der armen Müllerstochter Stroh zu Gold zu spinnen (siehe auch Siff).

Die Nornen sollen von Gottheiten, Riesen, Zwergen oder auch von Elfen abstammen. Nach der Edda-Dichtung kommen sie aus Thursenheim, dem Land der Riesen. Sie werden hier als „drei geheimnisvolle Wesen“ bzw. als „Vielwissende“ bezeichnet – als die Hohe, die Genausohohe und die Dritte, die die Geheimnisse des Universums enthüllten und das Buch des Schicksals schreiben; daraus stammt ihr anderer Titel „Die Schreiberinnen“.

Oft werden die Nornen mit den Walküren verwechselt, die wie sie zu den Disen gehören.

Drei Runen in der Reihenfolge der Nornen

Bei Runenorakeln werden drei Runen in der Reihenfolge der Nornen geworfen aus denen Ursprung, Zustand und Aussichten einer Sache abgelesen werden kann. In vielen Kulturkreisen gab es das Bewusstsein, dass das Leben ein geheimnisvoller Faden sei, der von Schicksalsfeen gesponnen, gemessen und gehalten sowie abgeschnitten wird.

Um das Motiv von den drei Schicksalsgöttinnen gibt es daher zahlreiche Varianten: die griechischen Moiren, die römischen Parzen, die keltischen Bethen. In der slawischen Mythologie gibt es die Zoyra, in der osteuropäischen die Sudice. Auch anderen südosteuropäischen Völkern sind Schicksalsgöttinnen bekannt. Sie heißen dort albanisch Fati, rumänisch Ursitori, slowenisch Rojenice und tschechisch Sudicky.

auch: Nornier, Nornir

 

 

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